Meiner Mutter von Franz von Dingelstedt
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Da schwingt sich über Thal und Hügel |
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Ein rosenfarb'nes Blatt zu dir |
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Und bring, auf günst'ger Winde Flügel, |
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Den allerschönsten Gruß von mir: |
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Er soll den andern sich vereinen, |
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Die heute festlich dich umwehn, |
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Daß du und alle Lieben meinen, |
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Mich selbst in ihrem Kreis zu sehn. |
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O daß er doch ein Hymnus wäre |
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Von tausend Stimmen voll und mild, |
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Ein Blumenkranz für die Altäre, |
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Ein Licht vor ein Madonnenbild, |
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Daß Töne in der Brust mir schliefen, |
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Wie Orgeln stark, wie Glocken rein, |
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Und dir im Chor entgegenriefen: |
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Dein Erstgebor'ner dachte dein! |
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Wenn jemals mir ein Lied gelungen, |
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Das aus den jungen Saiten bricht, |
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Wenn einst mein Wort mit Feuerzungen |
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An gleichgestimmte Herzen spricht: |
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So war, so ist's ja deine Seele, |
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Die sich in meiner spät erschließt, |
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Bald klagend singt, wie Philomele, |
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Bald adlergleich gen Himmel schießt. |
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Du lehrtest mich, durch Frühlingsauen |
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Mit off'nem Blick und Sinn zu gehn, |
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Die Wunder der Natur zu schauen |
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Und ihre Rätsel zu verstehn; |
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Der erste Vers, den ich gestammelt, |
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Du legtest mir ihn lächelnd aus, |
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Und brachtest, durch dich selbst gesammelt, |
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Mir einen frühen Liederstrauß. |
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Und wie du stets mit Muttersorgen |
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Den schwachen Liebling treu gepflegt, |
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Wenn kalt durch seinen Lebensmorgen |
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Des Todes Schreckenshauch gefegt, |
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So hast du auch mit starkem Schilde |
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Mich vor dem innern Feind bewahrt |
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Und mich mit echter Frauenmilde |
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Geführt auf mancher wilden Fahrt. |
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Daß mir ein Gott die Macht verliehen, |
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Nur dir als Schutzgeist nah zu sein! |
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Wie treulich wollt' ich mit dir ziehen, |
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Dir meine ganze Jugend weihn; |
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Wie sorgsam würd' ich das entfernen, |
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Was dich gedrückt auf trüber Bahn; |
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Wie trüg' ich dich zu ew'gen Sternen |
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Auf Ruhmesflügeln hoch hinan! |
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Statt dessen nimm mit alter Güte |
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Zu deinem Feste diesen Gruß, |
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Als wär' er eine frische Blüte, |
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Auf deine Hand ein frischer Kuß! |
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Fürwahr, der Gottes-Liedersegen |
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Wird heute erst mir wert und lieb, |
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Weil er auf meiner Mutter Wegen |
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Ein Frühlingsblatt im Herbste trieb. |
Details zum Gedicht „Meiner Mutter“
Franz von Dingelstedt
7
56
318
1814 - 1881
Klassik,
Romantik,
Biedermeier
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Meiner Mutter“ wurde von Franz von Dingelstedt verfasst, einem deutschen Dichter und Journalisten des 19. Jahrhunderts. Bei einer ersten Betrachtung fällt auf, dass das lyrische Ich voller Ehrfurcht und Zuneigung über seine Mutter spricht und wie sie sein Leben und seinen kreativen Ausdruck geprägt hat.
Inhaltlich geht es in dem Gedicht um die tiefe Liebe und Dankbarkeit des lyrischen Ichs gegenüber seiner Mutter. Er verfasst einen schriftlichen, poetischen Gruß an sie und bedauert, dass dies nicht ein noch stärkerer Ausdruck seiner Gefühle sein kann, wie zum Beispiel ein feierlicher Hymnus oder ein Licht vor einem Marienbild. Er betont, wie wichtig sie für seine persönliche und künstlerische Entwicklung war, sie hat ihm die Wunder der Natur nähergebracht und ihm geholfen, erste Verse zu formen. Des Weiteren hebt er hervor, wie sie ihn in schwierigen Zeiten beschützt und geführt hat und wie er gerne für sie da wäre.
Philomele und adlergleich sind Metaphern, die benutzt werden um zu zeigen wie die künstlerische Inspiration durch die Mutter entstanden ist, erhaben und rein, aber auch fähig zu Schmerz und Leidenschaft. Das Gedicht ist in regelmäßigen Strophenform geschrieben und verwendet formvollendete Reime, die eine feierliche Wirkung erzeugen. Die Sprache ist bildreich und emotional, mit starken Anspielungen auf die Natur und die göttliche Inspiration. Der Ton ist dabei durchwegs ehrfurchtsvoll und respektvoll und zeigt die tiefe Verehrung des Autors für seine Mutter.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Meiner Mutter“ von Franz von Dingelstedt ein Gebet der Dankbarkeit zu seiner Mutter ist, wobei der poetische, natur- und göttlich inspirierte Geist des lyrischen Ichs deutlich hervorgehoben wird. Es zeigt den Einfluss seiner Mutter auf seine kreative Entwicklung und ihren unablässigen Schutz und ihre Führung in schwierigen Zeiten. Diese Anerkennung und Ehrerbietung spiegelt sich in der Form und Sprache des Gedichts wider.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Meiner Mutter“ ist Franz von Dingelstedt. Dingelstedt wurde im Jahr 1814 in Halsdorf (Hessen) geboren. Zwischen den Jahren 1830 und 1881 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus oder Naturalismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das 318 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 56 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Der Dichter Franz von Dingelstedt ist auch der Autor für Gedichte wie „Herbstlied“, „Unter Platens Büste“ und „Neues Leben“. Zum Autor des Gedichtes „Meiner Mutter“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.
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