Neues Leben von Franz von Dingelstedt

In stiller Abendstunde
Hat sie mir anvertraut
Die sorgenschwere Kunde,
Den wunderbaren Laut.
 
Ich stürzte ihr zu Füßen
Entzückt und demutsvoll,
Indes von Engelsgrüßen
Die Brust mir ahnend schwoll.
 
Nie war mir so zu Mute,
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So bang und doch so groß;
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So selig niemals ruhte
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Mein Haupt in ihrem Schoß.
 
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Ich sprach: Nun ist vollendet
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Des neuen Hauses Grund,
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Die letzte Weihe sendet
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Der Himmel unserm Bund.
 
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Mein Lied soll nun verhallen,
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Wie zu der Zeit der Brut
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Der Sang der Nachtigallen
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In ernstem Schweigen ruht.
 
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Gefallen ist die Blüte
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In rascher Monde Flucht:
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Du, junge Mutter, hüte
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Und reife nun die Frucht!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Neues Leben“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
103
Entstehungsjahr
1814 - 1881
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Franz von Dingelstedt, ein deutscher Dichter, Schriftsteller und Theaterintendant, der von 1814 bis 1881 lebte. Er war bekannt für seine Lyrik und seine Bühnenwerke. Das vorgelegte Gedicht „Neues Leben“ ist dementsprechend in der Mitte des 19. Jahrhunderts einzuordnen.

Das Gedicht hinterlässt beim ersten Lesen einen zärtlichen und erwartungsvollen Eindruck. Es scheint, als ob das lyrische Ich eine frohe Botschaft erhalten hat, die es zutiefst berührt und es mit Dankbarkeit und Freude erfüllt.

Der Inhalt des Gedichts offenbart sich als eine emotionale Reaktion des lyrischen Ich auf die Nachricht, dass eine geliebte Frau schwanger ist. Die „sorgenschwere Kunde“ (Vers 3) scheint auf diese frohe Nachricht zu beziehen und der „wunderbare Laut“ (Vers 4) könnte das Herzschlag des ungeborenen Kindes symbolisieren. Das lyrische Ich reagiert mit tiefer Ehrfurcht („Ich stürzte ihr zu Füßen“, Vers 5) und gleichzeitig mit großer Freude auf diese Nachricht („Entzückt“, Vers 6). Es scheint, dass der Protagonist das werdende Leben als heilig ansieht („Indes von Engelsgrüßen“, Vers 7).

In Form und Sprache folgt das Gedicht traditionellen lyrischen Mustern. Es ist in sechs vierzeiligen Strophen organisiert, wobei sich die Verse in einem abab Reimschema reimen. Die sprachliche Gestaltung ist eher einfach und schmücklos, aber zugleich kraftvoll in ihrer Direktheit und Emotionalität. Die Wahl bestimmter Worte wie „sorgenschwer“, „ahnend“, „bang“, „selig“, „demutsvoll“ usw. verdeutlichen die tiefe Emotionalität des lyrischen Ich.

Die Gesamtbotschaft des Gedichts scheint eine Ode an das Wunder des Lebens und die Freude über die bevorstehende Geburt eines Kindes zu sein. Es ist auch bemerkenswert, dass das lyrische Ich seine eigene Rolle im Schaffen des Lebens öffentlich anerkennt („Mein Lied soll nun verhallen“, Vers 17; „Des neuen Hauses Grund“, Vers 14), und gleichzeitig die Rolle der Frau, die „die Frucht“ reifen soll, anerkennt und ehrt („Du, junge Mutter, hüte“, Vers 23).

Weitere Informationen

Das Gedicht „Neues Leben“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Franz von Dingelstedt. Dingelstedt wurde im Jahr 1814 in Halsdorf (Hessen) geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1830 bis 1881 entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus oder Naturalismus zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das vorliegende Gedicht umfasst 103 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Die Gedichte „Auf einem Kirchhof in der Fremde“, „Mir ist, als müßtest du empfinden“ und „Am Grabe Chamissos“ sind weitere Werke des Autors Franz von Dingelstedt. Zum Autor des Gedichtes „Neues Leben“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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