Das Wiedersehen von Paul Boldt

Wie warnend leuchten schwarze Fensterscheiben.
Mystische Telefone knacken, knacken —:
Dastehst Du nahe mit beweinten Backen,
Plastik aus Rauch.
Ich drehe angstvoll mein Gesicht zum Nacken
Und steige zitternd aus aus euren Häusern.
 
Sind das die Häuser? Ist die Nacht aus Stein?
Ich mache langsam Schritte in Berlin.
Kein Mensch. Herabgestürzte Jalousien.
10 
Ich habe keinen Wunsch, einer zu sein.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.7 KB)

Details zum Gedicht „Das Wiedersehen“

Autor
Paul Boldt
Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
10
Anzahl Wörter
58
Entstehungsjahr
1914
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht stammt aus der Feder von Paul Boldt, einem Vertreter des Expressionismus, der zwischen 1885 und 1921 lebte. Es lässt sich somit in die Anfangsphase des 20. Jahrhunderts einordnen.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht düster und rätselhaft mit einer starken Betonung auf einer beklemmenden Atmosphäre und einem Gefühl der Fremdheit und Unsicherheit gegenüber der Umgebung.

Das lyrische Ich in Boldts Gedicht scheint verstört und verunsichert durch seine Umgebung. Die schwarzen Fensterscheiben, welche als warnend beschrieben werden, sowie das knackende Telefon erzeugen eine unheimliche und bedrückende Atmosphäre. Das Wort „beweint“ in Verbindung mit den Backen weist auf tiefe Emotionen, vielleicht Schmerz oder Trauer hin. Die Personifikation der Häuser, aus denen das lyrische Ich „zitternd“ aussteigt, verstärkt die bedrückende Atmosphäre und das Gefühl der Fremdheit. In der zweiten Strophe setzt sich diese Stimmung fort. Es wird gefragt, ob die Häuser und die Nacht aus Stein sind, was die kühle, ungastliche Atmosphäre unterstreicht. Die Jalousien sind „herabgestürzt“, was auf Isolation und Einsamkeit hinweist. Am Ende drückt das lyrische Ich aus, dass es keinen Wunsch hat, „einer zu sein“. Dies könnte als Wunsch gelesen werden, sich von der Gesellschaft loszusagen oder als Ausdruck von Entfremdung und Isolation.

In Bezug auf die Form sieht man, dass das Gedicht in zwei Strophen mit jeweils sechs und vier Versen unterteilt ist. Die Auswahl an Wörtern und Bilder sind sehr deutlich und prägnant, wodurch eine intensive Atmosphäre erzeugt wird. Dazwischen gibt es auch Verwendung von rhetorischen Fragen, was ein Mittel der Reflexion und Einbindung des Lesers ist. Man kann sagen, dass Boldts Sprache dieselben Stilelemente des Expressionismus zeigt, die eine Darstellung der Innenwelt, der Gefühle und der Wahrnehmungen durch gesteigerten Ausdruck und Verfremdungseffekte zum Ziel hat. Der Gebrauch ungewöhnlicher Metaphern („Mystische Telefone knacken“, „Plastik aus Rauch“) ist typisch für Boldts expressiven Stil. So verstärkt er das Unbehagen des lyrischen Ichs und die Entfremdung von seiner Umgebung. Insgesamt vermittelt das Gedicht eine intensive, düstere und einsame Stimmung – Bild geworden durch die expressionistische Sprache Boldts.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Das Wiedersehen“ ist Paul Boldt. Boldt wurde im Jahr 1885 in Christfelde bei Preußisch-Friedland (Westpreußen) geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1914. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das 58 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 10 Versen mit insgesamt 2 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Paul Boldt sind „Abendavenue“, „Adieu Mädchenlachen!“ und „Andere Jüdin“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Das Wiedersehen“ weitere 49 Gedichte vor.

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