Erste Lerche von Arno Holz

1	Zwischen
2	Gräben und grauen Hecken,
3	den Rockkragen hoch,
4	beide Hände in den Taschen,
5	schlendere ich
6	durch den frühen
7	Märzmorgen.
8	Falbes Gras,
9	blinkende Lachen und schwarzes Brachland,
10	so weit ich sehen kann.
11	Dazwischen,
12	mitten in den weißen Horizont hinein,
13	wie erstarrt,
14	eine Weidenreihe.
15	Ich bleibe stehen.
16	Nirgends ein Laut. Noch nirgends Leben.
17	Nur die Luft und die Landschaft.
18	Und sonnenlos
19	wie den Himmel
20	fühle ich
21	mein Herz.
22	Plötzlich - ein Klang!
23	Ein zager, zarter zitternder Jubel,
24	der,
25	langsam,
26	immer höher
27	steigt!
28	Ich suche in den Wolken.
29	Über mir,
30	wirbelnd, schwindend, flatterdrehig, flügelselig, kaum entdeckbar,
31	pünktchenschwarz,
32	schmetternd,
33	durch
34	immer heller strömendes Licht,
35	die
36	erste Lerche!

Details zum Gedicht „Erste Lerche“

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Erste Lerche“ stammt von dem deutschen Dichter Arno Holz und kann zeitlich in das Spätwerk des Dichters eingeordnet werden, da er im Jahr 1929 verstarb. Es thematisiert die Begegnung mit der ersten Lerche, einem Frühjahrsboten, in einer ansonsten noch winterlich erscheinenden Landschaft.

Auf den ersten Blick vermittelt das Gedicht einen eher melancholischen, stillen Eindruck, geprägt durch die detaillierte und atmosphärische Beschreibung der Landschaft und die innere Gefühlswelt des lyrischen Ichs.

In einfachen Worten gesagt, erzählt das Gedicht von einem Spaziergang des lyrischen Ichs durch die Natur an einem frühen Märzmorgen. Zunächst scheint die Landschaft noch öde und leer zu sein, doch dann hört das lyrische Ich den Gesang der ersten Lerche und erlebt einen Moment der Freude und des Staunens. Dieses Ereignis lässt das Herz des lyrischen Ichs aufleben und es fühlt einen Hauch von Frühling und neuem Leben.

Die Verbindung zwischen äußerer und innerer Landschaft wird in dem Gedicht stark betont. So spiegelt die zunächst sonnenlose und stille Szenerie die innere Gefühlswelt des lyrischen Ichs wider („sonnenlos / wie den Himmel / fühle ich / mein Herz“). Der plötzliche Klang der Lerche hingegen füllt diese Stille und bringt neues Leben in die Szenerie und in das Herz des lyrischen Ichs.

Formal kann man feststellen, dass das Gedicht aus zehn Strophen von unterschiedlicher Länge besteht. Auffällig sind die vielen kurzen Verse und teilweise abgebrochenen Sätze, die zum atmosphärischen Eindruck des Gedichts beitragen. Die Sprache ist bildreich und detailgenau, wodurch die Szenerie die gewünschte Atmosphäre erhält. Die ausdrucksstarken Adjektive und Partizipien steigern dabei den Ausdrucksgehalt der Verse, während die Wiederholung des Wortes 'immer' die Intensität der Empfindungen des lyrischen Ichs unterstreicht.

Insgesamt lässt sich sagen, dass „Erste Lerche“ von Arno Holz als ein Gedicht interpretiert werden kann, dass die noch ruhige und öde Natur vor dem Erwachen des Frühlings beschreibt und dabei die innere Gefühlswelt des lyrischen Ichs ins Zentrum rückt. Durch die Begegnung mit der Lerche spürt es ein erstes Aufkeimen von Leben und Hoffnung.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Erste Lerche“ des Autors Arno Holz. Holz wurde im Jahr 1863 in Rastenburg, Ostpreußen geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1879 bis 1929 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Naturalismus zu. Bei Holz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 103 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 10 Strophen. Arno Holz ist auch der Autor für Gedichte wie „Ein Abschied“, „So einer war auch er“ und „Jüngst sah ich den Wind“. Zum Autor des Gedichtes „Erste Lerche“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 17 Gedichte vor.

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