An die oberen Zehntausend von Arno Holz

Und wieder rollt nun sterbend ein Jahrhundert
dem Abgrund zu, drin uns die Zeit verschlingt,
und ihr seid immer noch nicht abgeplundert,
nicht hinter die Kulissen abgehinkt?
 
Wollt euch nicht länger freventlich vermessen,
denn euer Lebensnerv ist abgestumpft,
denn eure Kronen sind von Rost zerfressen
und eure Stammbaumwälder sind versumpft.
 
Ein neu Geschlecht, schon wetzt es seine Schwerter,
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schon webt die Sonne ihm den Glorienschein,
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und glaubt: es wird kein veilchenblauer Werther,
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es wird ein blutiger Messias sein!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „An die oberen Zehntausend“

Autor
Arno Holz
Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
78
Entstehungsjahr
1863 - 1929
Epoche
Naturalismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An die 'oberen Zehntausend'“ wurde von Arno Holz geschrieben, einem der bedeutendsten Vertreter des Naturalismus in der Literatur. Arno Holz wurde am 26. April 1863 geboren und starb am 26. Oktober 1929. Eine zeitliche Einordnung könnte also durch seine Schaffensphase erfolgen, die ihren Höhepunkt in den 1880er und 1890er Jahren hatte.

Auf den ersten Blick scheint das Gedicht eine scharfe Kritik an der elitären Oberschicht bzw. der gesellschaftlichen Elite („oberen Zehntausend“) seiner Zeit zu sein. Er schreibt dabei aus der Perspektive des lyrischen Ichs, das diese Elite konfrontiert.

Im ersten Vers weist Holz auf das Ende eines Jahrhunderts hin, das sich „sterbend“ dem Abgrund zuneigt, während die Elite unberührt bleibt. Er fragt implizit, warum diese Gruppe noch nicht „abgeplundert“, also ihrer Privilegien beraubt wurde. In der zweiten Strophe prangert das lyrische Ich die Arroganz und Ignoranz der Elite an, deren Lebensnerv abgestumpft ist und deren verwurzelte Traditionen („Stammbaumwälder“) verwässert und also entwertet („versumpft“) sind. In der dritten Strophe schließlich prophezeit das lyrische Ich das Kommen eines neuen Geschlechts, das seine „Schwerter schärft“ und nach Ruhm strebt. Dieses neue Geschlecht wird die alte Elite ersetzen, nicht mit leiser Melancholie (wie Werther), sondern mit blutiger Entschlossenheit („blutiger Messias“).

Insgesamt verwendet Holz drastische Bilder und eine emotionale, herausfordernde Sprache, um seine kritische Haltung gegenüber der Oberschicht zum Ausdruck zu bringen. Das lyrische Ich fordert deutlich eine fundamentale Veränderung und einen Machtwechsel.

Formal besteht das Gedicht aus drei gleich langen Strophen zu je vier Versen. Die Form unterstützt dabei die Dramatik und Struktur der argumentativen Entwicklung. Die Sprache ist dabei verständlich und direkte, was die Kritik des lyrischen Ichs unterstreicht. Metaphern wie „strebend ein Jahrhundert“, „abgeplundert“, „Rost zerfressen“, „Stammbaumwälder versumpft“ und „blutiger Messias“ verstärken den Ausdruck des vehementen Wunsches nach einer neuen, gerechteren Ordnung.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „An die oberen Zehntausend“ ist Arno Holz. Im Jahr 1863 wurde Holz in Rastenburg, Ostpreußen geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1879 bis 1929 entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Naturalismus zuordnen. Holz ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 78 Worte. Der Dichter Arno Holz ist auch der Autor für Gedichte wie „Ninon“, „Ein Abschied“ und „So einer war auch er“. Zum Autor des Gedichtes „An die oberen Zehntausend“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 17 Gedichte vor.

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