Die Reihenfolge von Kurt Tucholsky

Wie war das neulich eigentümlich!
Ich ging im Wald so für mich hin,
und alles, was durchaus nicht ziemlich,
drängt sich mir dauernd in den Sinn.
 
Da liegt, im heiterm Flug geboren,
ganz weiß, gekrümmt und weich mit Wachs
– das hat gewiß ein Spatz verloren –
ein kleiner Klacks.
 
Und tiefer in des Waldes Hallen
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liegt hingerollt, soweit ich seh,
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– das ließ wohl eine Ziege fallen –
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ein halbes Pfund Kaffee.
 
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Und wie sich das so weiter machte,
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besah ich einen neuen Fund:
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– hier stand einst eine Kuh und dachte –
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ein Fladen, groß und rund.
 
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Und hat denn alles sich verschworen?
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Da liegt im Tümpel, dran ich ging,
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– das hat gewiß ein Ochs verloren –
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ein Buch von Keyserling.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Die Reihenfolge“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
116
Entstehungsjahr
1929
Epoche
Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit,
Exilliteratur

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Reihenfolge“ wurde von Kurt Tucholsky verfasst, der von 1890 bis 1935 lebte. Demnach lässt sich das Gedicht zeitlich in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts einordnen, genauer in die Weimarer Republik, da Tucholsky als einer der bedeutendsten Journalisten und Schriftsteller dieser Zeit gilt.

Auf den ersten Blick scheint das Gedicht von einem Spaziergang des lyrischen Ichs im Wald zu handeln. Jedoch beinhaltet das Werk eine tiefere Botschaft und eine gewisse Satire, die typisch für Tucholskys Schreibstil ist.

Das lyrische Ich erzählt von einer Begegnung mit verschiedenen Gegenständen im Wald, die unerwartet und widersprüchlich erscheinen. Diese Gegenstände werfen Fragen über ihre Herkunft und ihren Ursprung auf. Die Erwähnung der Tiere, die diese Gegenstände „verloren“ haben, bringt eine humoristische Note ein, mit dem Tucholsky die oft absurde Realität des modernen Lebens darstellt.

Die Botschaft von Tucholsky könnte in der Kritik an der Gesellschaft und deren Missachtung der natürlichen Ordnung liegen. Der Wald steht hier stellvertretend für die Natur und seine Sauberkeit, die durch die Hinterlassenschaften des Menschen zerstört wird. Zudem wird mit der Erwähnung des Buches von Keyserling wohl satirisch auf den damaligen Literaturbetrieb angespielt.

Das Gedicht besteht aus fünf Strophen zu je vier Versen und folgt somit einer klaren Struktur. Die Versform ist dabei durchgehend gleich, wodurch ein gleichmäßiger Rhythmus entsteht, der den Leser durch das Gedicht führt.

Die Sprache des Gedichtes ist einfach und verständlich, jedoch mit einer gewissen Ironie, die den satirischen Charakter unterstreicht. Tucholsky nutzt im Gedicht einfache Alltagssprache, was es zugänglich macht und gleichzeitig die Absurdität der beschriebenen Situation betont.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Tucholskys „Die Reihenfolge“ ein sarkastischer Kommentar auf das moderne Leben und seinen Umgang mit der Umwelt ist. Gleichzeitig ist es eine subtile Kritik an der Literatur seiner Zeit.

Weitere Informationen

Kurt Tucholsky ist der Autor des Gedichtes „Die Reihenfolge“. Der Autor Kurt Tucholsky wurde 1890 in Berlin geboren. Im Jahr 1929 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit oder Exilliteratur zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Tucholsky handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Wichtigen Einfluss auf die Literatur der Weimarer Republik nahmen der Erste Weltkrieg und die daraufhin folgende Entstehung der Weimarer Republik. Neue Sachlichkeit ist eine Richtung der Literatur der Weimarer Republik. In den Werken dieser Zeit ist die zwischen den Weltkriegen hervortretende Tendenz zu illusionsloser und nüchterner Darstellung von Gesellschaft, Technik, Weltwirtschaftskrise aber auch Erotik deutlich erkennbar. Man kann dies auch als Reaktion auf den literarischen Expressionismus werten. Die Handlung wurde meist nur kühl und distanziert beobachtet. Die Dichter orientierten sich an der Realität. Mit einem Minimum an Sprache wollte man ein Maximum an Bedeutung erreichen. Mit den Texten sollten so viele Menschen wie möglich erreicht werden. Deshalb wurde darauf geachtet eine nüchterne sowie einfache Alltagssprache zu verwenden. Viele Schriftsteller litten unter der Zensur in der Weimarer Republik. Im Jahr 1922 wurde nach einem Attentat auf den Reichsaußenminister das Republikschutzgesetz erlassen, das die zunächst verfassungsmäßig garantierte Freiheit von Wort und Schrift in der Weimarer Republik deutlich einschränkte. Dieses Gesetz wurde in der Praxis nur gegen linke Autoren angewandt, nicht aber gegen rechte, die teils in ihren Werken offen Gewalt verherrlichten. Das im Jahr 1926 erlassene Schund- und Schmutzgesetz verstärkte die Grenzen der Zensur nochmals. Später als die Pressenotverordnung im Jahr 1931 in Kraft trat, war sogar die Beschlagnahmung von Schriften und das Verbot von Zeitungen über mehrere Monate möglich.

Als Exilliteratur wird die Literatur von Schriftstellern bezeichnet, die unfreiwillig Zuflucht im Ausland suchen müssen, weil ihre Person oder ihr Werk in ihrer Heimat bedroht sind. Für die Flucht ins Exil geben meist politische oder religiöse Gründe den Ausschlag. Die deutsche Exilliteratur entstand in den Jahren von 1933 bis 1945 als Literatur der Gegner des Nationalsozialismus. Dabei spielten insbesondere die Bücherverbrennungen am 10. Mai 1933 und der deutsche Überfall auf die Nachbarstaaten Deutschlands in den Jahren 1938/39 eine ausschlaggebende Rolle. Die deutsche Exilliteratur schließt an die Neue Sachlichkeit der Weimarer Republik an und bildet damit eine eigene Literaturepoche in der deutschen Literaturgeschichte. Themen wie Verlust der eigenen Kultur, existenzielle Probleme, Sehnsucht nach der Heimat oder Widerstand gegen das nationalsozialistische Deutschland sind typisch für diese Literaturepoche. Anders als andere Literaturepochen, die zum Beispiel bei der formalen Gestaltung (also in Sachen Metrum, Reimschema oder dem Gebrauch bestimmter rhetorischer Mittel) ganz charakteristische Merkmale aufweisen, ist die Exilliteratur nicht durch bestimmte formale Merkmale gekennzeichnet. Allerdings gab es einige neue Gattungen, die in dieser Epoche geboren wurden. Das epische Theater von Bertolt Brecht oder auch die historischen Romane waren neue literarische Textsorten. Aber auch Radioreden oder Flugblätter der Widerstandsbewegung sind hierbei als neue Textsorten erwähnenswert. Oftmals wurden die Texte auch getarnt, so dass sie trotz Zensur nach Deutschland gebracht werden konnten. Dies waren dann die sogenannten Tarnschriften.

Das 116 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Kurt Tucholsky sind „Also wat nu – ja oder ja?“, „An Lukianos“ und „An Peter Panter“. Zum Autor des Gedichtes „Die Reihenfolge“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 136 Gedichte vor.

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