Dem unbekannten Gott von Friedrich Nietzsche
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Noch einmal Blicke vorwärts sende, |
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heb ich vereinsamt meine Hände |
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zu Dir empor, zu dem ich fliehe, |
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dem ich in tiefster Herzenstiefe |
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Altäre feierlich geweiht, |
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daß allezeit |
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mich Deine Stimme wieder riefe. |
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Darauf erglüht tiefeingeschrieben |
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das Wort: Dem unbekannten Gotte. |
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Sein bin ich, ob ich in der Frevler Rotte |
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auch bis zur Stunde bin geblieben: |
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Sein bin ich - und ich fühl die Schlingen, |
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die mich im Kampf darniederziehn |
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und, mag ich fliehn, |
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mich doch zu seinem Dienste zwingen. |
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Ich will Dich kennen, Unbekannter, |
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Du tief in meine Seele Greifender, |
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mein Leben wie ein Sturm Durchschweifender, |
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Du Unfaßbarer, mir Verwandter! |
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Ich will Dich kennen, selbst Dir dienen. |
Details zum Gedicht „Dem unbekannten Gott“
Friedrich Nietzsche
1
20
107
1844 - 1900
Realismus,
Naturalismus,
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Dem unbekannten Gott“ wurde von Friedrich Nietzsche verfasst, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebte. Damit lässt sich das Gedicht in die literaturhistorische Epoche des Realismus einordnen.
Beim ersten Lesen kommt einem das Gedicht als ein ergreifendes, leidenschaftliches Gebet vor, welches an einen unbekannten Gott gerichtet ist. Die Tonlage ist ernst und die verbreitete Stimmung weist auf tiefe innere Konflikte und Sehnsüchte des lyrischen Ichs hin.
Das Gedicht handelt von der Klage eines Subjekts, das sich einsam und gefangen in seiner derzeitigen Situation fühlt. Das lyrische Ich ist ständig im Kampf und sieht sich selbst als Teil einer „Frevler Rotte“, also einer Gruppe von Ungläubigen oder Sündern. Trotzdem fühlt es sich einem unbekannten Gott verbunden und hofft auf seine Rettung und Führung. Diese Göttlichkeit ist ihm zwar unbekannt und ungreifbar, doch sie zieht ihn an und ergreift seine Seele, was ein gewisses Streben nach Spiritualität und Transzendenz offenbart.
In Bezug auf die Form besteht das Gedicht aus 20 Versen, die zu einer einzigen Strophe zusammengefasst sind. Daraus ergibt sich ein fließendes und stetiges Lesen, das wohl die Tiefe der Gedanken, Sorgen und Hoffnungen des lyrischen Ichs unterstreicht.
Die Sprache des Gedichts ist pathetisch und ausdrucksstark mit leidenschaftlichen Wendungen wie „heb ich vereinsamt meine Hände“ oder „Ich will Dich kennen, Unbekannter“. Dies trägt dazu bei, die Sehnsucht, das Streben und das innere Ringen des lyrischen Ichs zu intensivieren. Einige Wendungen wie „Altäre feierlich geweiht“ oder „in der Frevler Rotte“ erinnern an biblische oder religiöse Bilder, was das Gesamtbild von Nietzsche als eine Art „Gottesjäger“ noch verstärkt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Nietzsche in „Dem unbekannten Gott“ nach einem Verständnis und einer Verbindung mit einer unbekannten höheren Macht sucht, einer Macht, die er zwar nicht kennt oder versteht, die er aber tief in seinem Herzen spürt und die sein Leben prägt.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Dem unbekannten Gott“ des Autors Friedrich Nietzsche. Der Autor Friedrich Nietzsche wurde 1844 in Röcken (Heute Ortsteil von Lützen, Sachsen-Anhalt) geboren. Zwischen den Jahren 1860 und 1900 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 107 Worte. Der Dichter Friedrich Nietzsche ist auch der Autor für Gedichte wie „Im deutschen November“, „Gebet in die Morgenröte“ und „Die kleine Hexe“. Zum Autor des Gedichtes „Dem unbekannten Gott“ haben wir auf abi-pur.de weitere 25 Gedichte veröffentlicht.
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