Gebet in die Morgenröte von Friedrich Nietzsche

Ach, so gebt doch Wahnsinn,
ihr Himmlischen,
Wahnsinn, dass ich endlich
an mich selber glaube!
Gebt Delirien und Zuckungen,
plötzliche Lichter und Finsternisse,
schreckt mich mit Frost und Glut,
wie sie kein Sterblicher noch empfand,
mit Getöse und umgebenden Gestalten,
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lasst mich heulen und winseln
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und wie ein Tier kriechen:
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nur dass ich bei mir selber Glauben finde!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.9 KB)

Details zum Gedicht „Gebet in die Morgenröte“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
58
Entstehungsjahr
1844 - 1900
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Gebet in die Morgenröte“ wurde von Friedrich Nietzsche geschrieben. Nietzsche, der von 1844 bis 1900 lebte, gehört zur Epoche des Existentialismus, der das menschliche Dasein, die Freiheit und die Subjektivität in den Vordergrund stellt. Dementsprechend ist eine zeitliche Einordnung dieses Gedichts in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts vorzunehmen.

Beim ersten Durchlesen erzeugt das Gedicht einen starken Eindruck von Selbstzweifel und Verzweiflung, es scheint um eine innere Zerrissenheit zu gehen. Nietzsche gibt hier tiefe Einblicke in sein persönliches Empfinden, welches geprägt ist von der Suche nach Selbstverständnis und Selbstakzeptanz.

Inhaltlich drückt das lyrische Ich eine tiefe Sehnsucht nach Selbstglauben aus. Es richtet sich an die „Himmlischen“, womit möglicherweise eine höhere Macht oder das Schicksal gemeint ist, und bittet sie um Wahnsinn, um endlich an sich selbst glauben zu können. Es ersucht nicht nur um Wahnsinn, sondern auch um „Delirien und Zuckungen, plötzliche Lichter und Finsternisse“, also um extreme, alles durchdringende Erfahrungen, um sein eigenes Dasein zu begreifen und anzuerkennen.

In Bezug auf Form und Sprache ist das Gedicht stark emotional und metaphorisch geschrieben. Die Zwölfzeiler-Strophe unterstreicht die Intensität der Gefühle und Gedanken des lyrischen Ichs. Die Wahl der Sprache und die Wiederholung des Wortes „Wahnsinn“ unterstreicht die verzweifelte Suche nach Selbstverständnis und Selbstglauben. Die Verwendung von intensiven und teilweise auch negativ behafteten Begriffen wie „Frost und Glut“, „Getöse und umgebenden Gestalten“ verdeutlicht die Bereitschaft des lyrischen Ichs, für die ersehnte Selbstakzeptanz auch Leid und Schmerz in Kauf zu nehmen.

Das Gedicht ist ein Ausdruck der inneren Konflikte und der tiefen Sehnsucht Nietzsches nach Selbstverständnis und Selbstakzeptanz. Es illustriert eindringlich den existenziellen Kampf des individuellen Daseins, das sich mit den Unwägbarkeiten des Lebens auseinandersetzt.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Gebet in die Morgenröte“ ist Friedrich Nietzsche. Nietzsche wurde im Jahr 1844 in Röcken (Heute Ortsteil von Lützen, Sachsen-Anhalt) geboren. Zwischen den Jahren 1860 und 1900 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das Gedicht besteht aus 12 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 58 Worte. Friedrich Nietzsche ist auch der Autor für Gedichte wie „Der Einsamste“, „Vereinsamt“ und „Venedig“. Zum Autor des Gedichtes „Gebet in die Morgenröte“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 25 Gedichte vor.

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