Lied des Ziegenhirten von Friedrich Nietzsche
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Da lieg ich, krank im Gedärm |
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Mich fressen die Wanzen. |
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Und drüben noch Licht und Lärm: |
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Ich hör's, sie tanzen. |
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Sie wollte um diese Stund' |
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Zu mir sich schleichen: |
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Ich warte wie ein Hund |
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Es kommt kein Zeichen! |
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Das Kreuz, als sie's versprach! |
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Wie konnte sie lügen? |
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Oder läuft sie Jedem nach, |
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Wie meine Ziegen? |
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Woher ihr seidner Rock? |
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Ah, meine Stolze? |
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Es wohnt noch mancher Bock |
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An diesem Holze? |
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Wie kraus und giftig macht |
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Verliebtes Warten! |
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So wächst bei schwüler Nacht |
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Giftpilz im Garten. |
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Die Liebe zehrt an mir |
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Gleich sieben Übeln |
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Nichts mag ich essen schier, |
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Lebt wohl, ihr Zwiebeln! |
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Der Mond ging schon in's Meer, |
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Müd sind alle Sterne, |
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Grau kommt der Tag daher |
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Ich stürbe gerne. |
Details zum Gedicht „Lied des Ziegenhirten“
Friedrich Nietzsche
7
28
120
1844 - 1900
Realismus,
Naturalismus,
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Lied des Ziegenhirten“ stammt von dem deutschen Philologen, Philosophen, Kulturkritiker, Dichter und Komponisten Friedrich Nietzsche. Nietzsche wurde 1844 geboren und starb 1900, wodurch man das Gedicht zeitlich in das 19. Jahrhundert einordnen kann, genauer gesagt in die Epoche des Sturm und Drang oder der frühen Moderne.
Der erste Eindruck des Gedichts ist von Melancholie und Verzweiflung geprägt. Man hat das Bild eines leidenden, einsamen Mannes vor Augen, der von unerfüllter Liebe und Kummer gezeichnet ist.
Inhaltlich vermittelt das lyrische Ich, der Ziegenhirt, seine Empfindungen in simple, aber eindrucksvolle Worte. Er liegt krank und von Wanzen geplagt da, während er im Hintergrund das gesellige Leben wahrnimmt, aus dem er sich ausgegrenzt fühlt. Er wartet verzweifelt auf die Ankunft einer Geliebten, die ihm Treue versprochen hatte, sich jedoch nicht blicken lässt. Er äußert Misstrauen und Eifersucht, vergleicht das Verhalten der Frau mit der Unbeständigkeit seiner Ziegen. Zudem enthüllt er seine Unsicherheit und Zweifel an ihrer Eehrlichkeit und der Herkunft ihres prächtigen Rocks. Die Qual des Wartens wird metaphorisch als giftige Substanz dargestellt, die ihm zunehmend schadet. Schließlich ereilt ihn die tiefe Traurigkeit und Resignation, sein Kummer ist so groß, dass er den Wunsch hat zu sterben.
Das Gedicht ist formal gesehen in sieben vierzeilige Strophen unterteilt. Es folgt keinem strengen Reimschema oder regelhaften Metrum, zeigt jedoch in jeder Strophe eine klare und intime Verbindung zwischen dem lyrischen Ich und seinem seelischen Leid. Nietzsche nutzt einfache, aber kraftvolle Ausdrucksweisen und Metaphern, um die innerlichen Qualen des lyrischen Ichs auszudrücken. Die Wiederkehr des Themas des Wartens und der Enttäuschung, das Auftauchen von Natur- und Tiersymbolik und der dramatische Schluss verleihen dem Gedicht eine Tiefe und Schwere, die trotz seiner Schlichtheit eindringlich wirkt.
In seiner Sprache ist das Gedicht zugänglich und doch ausdrucksstark, mit einer direkten, emotionalen Ehrlichkeit, die Nietzsches philosophischen Einflüssen entspricht. Die Idee des Leidens, die hier thematisiert wird, spiegelt sich auch in Nietzsches philosophischen Konzepten wider, so zum Beispiel in seiner Betrachtung des „Willens zur Macht“ und der Auffassung vom Leben als einem ewigen Ringen und Leiden. Gleichzeitig lässt das Gedicht auch Nietzsches Zuneigung zur Musik und zum Rhythmus erkennen, wie sie in seiner Bewunderung für Richard Wagner oder in seiner Auseinandersetzung mit der griechischen Tragödie zum Ausdruck kam.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Lied des Ziegenhirten“ ist Friedrich Nietzsche. Im Jahr 1844 wurde Nietzsche in Röcken (Heute Ortsteil von Lützen, Sachsen-Anhalt) geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1860 bis 1900 entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das 120 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Die Gedichte „Der Einsamste“, „Vereinsamt“ und „Venedig“ sind weitere Werke des Autors Friedrich Nietzsche. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Lied des Ziegenhirten“ weitere 25 Gedichte vor.
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