Der Gott der Stadt von Georg Heym
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Auf einem Häuserblocke sitzt er breit. |
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Die Winde lagern schwarz um seine Stirn. |
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Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeit |
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Die letzten Häuser in das Land verirrn. |
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Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal, |
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Die großen Städte knieen um ihn her. |
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Der Kirchenglocken ungeheure Zahl |
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Wogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer. |
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Wie Korybanten-Tanz dröhnt die Musik |
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Der Millionen durch die Straßen laut. |
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Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrik |
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Ziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch blaut. |
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Das Wetter schwält in seinen Augenbrauen. |
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Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt. |
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Die Stürme flattern, die wie Geier schauen |
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Von seinem Haupthaar, das im Zorne sträubt. |
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Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust. |
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Er schüttelt sie. Ein Meer von Feuer jagt |
19 |
Durch eine Straße. Und der Glutqualm braust |
20 |
Und frißt sie auf, bis spät der Morgen tagt. |
Details zum Gedicht „Der Gott der Stadt“
Georg Heym
5
20
139
1910
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht „Der Gott der Stadt“ wurde von Georg Heym verfasst, einem wichtigen Vertreter des literarischen Expressionismus in Deutschland, der von 1887 bis 1912 lebte. Das Gedicht entstand also wahrscheinlich Anfang des 20. Jahrhunderts, einer Zeit, die von rasanten Veränderungen und einer fortschreitenden Industrialisierung geprägt war.
Bei einer ersten Betrachtung fallen die dunklen und bedrohlichen Bilder auf, die Heym verwendet, um seine Vision von der Großstadt und ihrer allumfassenden Macht zu beschreiben.
Im Inhalt des Gedichts stellt Heym eine überdimensionale, fast gottähnliche Figur vor, die auf einem Häuserblock sitzt und auf die Stadt und ihre Bewohner herabblickt. Die Stadt, personifiziert durch diese Figur, erweckt den Eindruck von Einsamkeit, Wut und Dominanz. In den späten Stunden des Tages streckt sie ihre fleischige Faust aus und entfesselt ein Meer von Feuer, das die Straßen verzehrt.
Heyms Wortwahl und Satzstruktur dienen dazu, ein Gefühl von Kraft und Zerstörung zu vermitteln. Er nutzt Worte wie „Wut“, „Bauch“, „Türme Meer“, „Fleischerfaust“ und „Feuer“ um die Größe und Gewalt der Stadt zu vermitteln. Darüber hinaus wählt er Worte wie „Einsamkeit“, „schwarz“ und „Nacht“, um die düstere und bedrohliche Atmosphäre zu verstärken.
Das Gedicht besteht aus fünf Vierzeilen-Strophen – eine gängige Form, die jedoch durch die ungewöhnlichen und expressiven Bilder und Metaphern, die Heym verwendet, aufgebrochen und neu interpretiert wird. Das Gedicht hat keinen festen Reim. Das Metrum ist unregelmäßig, was zur allgemeinen Unruhe und Unberechenbarkeit des Gedichts und seiner Botschaft beiträgt.
Insgesamt ist „Der Gott der Stadt“ deshalb ein typisches expressionistisches Gedicht. Es vermittelt eine dystopische Vision der modernen Stadt als eines monströsen, zerstörerischen und gottähnlichen Wesens. Es kann als Metapher auf die Wechselwirkungen zwischen Industrialisierung, Urbanisierung und Menschheit gelesen werden, die damals, im Zeitalter des Expressionismus, besonders aktuell waren.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Gott der Stadt“ des Autors Georg Heym. Geboren wurde Heym im Jahr 1887 in Hirschberg. Im Jahr 1910 ist das Gedicht entstanden. In Leipzig ist der Text erschienen. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Expressionismus zuordnen. Heym ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 139 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Georg Heym ist auch der Autor für Gedichte wie „Berlin III“, „Bist Du nun tot?“ und „Columbus“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der Gott der Stadt“ weitere 79 Gedichte vor.
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