Das Neue Deutschland von Erich Mühsam
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Sich empfehlend den Genossen |
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Für die nächste Reichstagswahl, |
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Saßen viele deutsche Sozi |
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Jüngst bei Sklarz im Speisesaal. |
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Grinsend rief der dicke Ebert |
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Von dem Präsidentensitz: |
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„An mein Volk! Du hältst die Schnauze!“ |
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Und gleich schrie man: „Bravo, Fritz!“ |
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Scheidemann, der mit der Glatze, |
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Sprach in überlegnem Ton: |
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„Ich erwürgt’ zwar nicht die Feinde, |
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Doch die Revolution!“ |
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Dann erhob sich Parvus-Helphand |
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Und begehrt’ das höchste Lob, |
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Weil im ganzen Land kein Schieber |
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Soviel in die Tasche schob. |
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Erhard Auer sprach aus München: |
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„Ich bin meines Siegs gewiß. |
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Mir bestätigt Lindners Kugel, |
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Daß ich Bayerns Volk beschiß.“ |
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Aber plötzlich ward es stille. |
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Noske ballte seine Faust, |
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Und es rollten seine Augen, |
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Daß es den Genossen graust, |
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Und er rief: „Euch lobt der Bürger, |
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Denn ihr meint’s ja alle gut. |
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Aber hier, seht meine Hände: |
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Jeder Finger trieft von Blut. |
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Ruhe, Sicherheit und Ordnung |
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tun dem Kapitale not. |
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Fünfzehntausend Proletarier |
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schlugen meine Garden tot.“ |
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Stürmisch schrieen: „Prosit, Noske!“ |
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Ebert, Parvus, Scheidemann. |
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Bauer, David, Landsberg, Heine |
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Stießen mit dem Sektglas an. |
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„Heil dir, Justav, Held und Sieger, |
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Dir verneigen wir uns stumm. |
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Wir betrügen unser Volk nur, |
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Aber Du, Du bringst es um!“ |
Details zum Gedicht „Das Neue Deutschland“
Erich Mühsam
10
40
190
1919
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Das Neue Deutschland“ stammt von Erich Mühsam, der von 1878 bis 1934 lebte. Mühsam war ein bekannter anarchistischer Schriftsteller und Aktivist in Deutschland. Er wird häufig mit der revolutionären Periode in Deutschland in Verbindung gebracht, die auf den Ersten Weltkrieg folgte, und war ein Kritiker des aufkommenden Nationalsozialismus.
Auf den ersten Blick erscheint das Gedicht als ironische und sarkastische Darstellung führender deutscher Sozialdemokraten und Sozialisten der späten 1910er und frühen 1920er Jahre. Es besteht aus zehn Vierzeilen-Strophen, wobei jede Strophe unterschiedliche Vertreter der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) während der Weimarer Republik karikiert.
Das lyrische Ich beobachtet offenbar eine fiktive Versammlung dieser Politiker, in der sie sich selbst loben und ihre Leistungen präsentieren. Es wird die damalige Politik und Gesellschaft kritisiert, die in den Augen des Autors von Korruption, Verrat und Gewalt geprägt war. Die Spitze der Ironie wird erreicht, wenn Gustav Noske sich für seine blutigen Unterdrückungen von Arbeiteraufständen loben lässt.
In Bezug auf die Form des Gedichts ist es im Wesentlichen in knappen Vierverser-Strophen geschrieben, die wahrscheinlich zur Klärheit und zur pointierten Darstellung der satirischen Bemerkungen beitragen. Die Sprache ist einfach und direkt, mit einer starken Tendenz zu Sarkasmus und Ironie. Mühsam spielt mit den Namen und Eigenschaften der Politiker, um sie zu karikieren und ihre Heuchelei und Korruption darzustellen.
Zusammenfassend ist „Das Neue Deutschland“ eine beißende Kritik an der Führung der SPD während der Weimarer Republik, die Mühsam als korrupt und gewalttätig gegenüber dem Arbeiterstand darstellt. Es bietet einen Einblick in die politische Landschaft Deutschlands zu Beginn des 20. Jahrhunderts und in die Enttäuschung und Unzufriedenheit, die viele Linke gegenüber der SPD und ihren Führern empfanden.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Das Neue Deutschland“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Erich Mühsam. Der Autor Erich Mühsam wurde 1878 in Berlin geboren. 1919 ist das Gedicht entstanden. In Berlin ist der Text erschienen. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Mühsam ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 190 Wörter. Es baut sich aus 10 Strophen auf und besteht aus 40 Versen. Der Dichter Erich Mühsam ist auch der Autor für Gedichte wie „An die Dichter“, „An die Soldaten“ und „Barbaren“. Zum Autor des Gedichtes „Das Neue Deutschland“ haben wir auf abi-pur.de weitere 57 Gedichte veröffentlicht.
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