Ein Balg von Ada Christen
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Die alte Frau hat ein hartes Gesicht, |
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Doch kluge sanfte Augen, |
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Die wenig mehr beim Pfenniglicht |
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Und nicht zum Weinen taugen. |
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Sie war ein Balg ... Als Findelkind |
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Verlassner als die Armen, |
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Bat weder Herren noch Gesind |
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Um Futter und Erbarmen. |
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Sie griff fest zu und schaffte stramm |
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Wie ehrbar-ernste Leute; |
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Daß nie sie Unverdientes nahm, |
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Erfreut das Weib noch heute. |
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Sie zeigt auch jetzt mit Bauernstolz |
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Erdarbte Thalerscheine: |
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»Die sind mein unverbranntes Holz, |
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Meine ungetrunknen Weine |
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»Die sind mein ungegessenes Brot, |
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Auf jedem steht geschrieben: |
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Ein Alter ohne Schand und Not ... |
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Und was mir Gott schuldig geblieben.« |
Details zum Gedicht „Ein Balg“
Ada Christen
5
20
97
1839 - 1901
Realismus,
Naturalismus,
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Ein Balg“ wurde von der österreichischen Dichterin Ada Christen geschrieben, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebte. Auf den ersten Blick beschreibt das Gedicht das Leben einer älteren Frau, die trotz schwerer Lebensumstände ihre Würde und ihren Stolz bewahrt hat.
Die Hauptfigur des Gedichts ist eine ältere Frau, die ein hartes Leben geführt hat. Sie wird als einstiges Findelkind beschrieben, das ohne Unterstützung oder Mitleid groß geworden ist. Trotz ihrer schwierigen Umstände hat sie gelebt und gearbeitet wie eine „ernsthafte, respektvolle“ Person und hat sich nie etwas Unverdientes genommen.
Die Frau ist stolz darauf, dass sie selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen kann. Sie schätzt die finanzielle Unabhängigkeit hoch ein, die sie durch ihre harte Arbeit erlangt hat. Sie betrachtet ihre gesparten Gelder als „unverbrauchtes Holz“ oder „ungetrunkene Weine“, als ungenutzte Ressourcen, die ihr ein Leben ohne Schande und Not versprechen.
Das lyrische Ich im Gedicht thematisiert stolz ihre Autonomie und Hartnäckigkeit. Es wirkt so, als ob die Frau in den Thalerscheinen eine Art moralischen Sieg sieht. Sie sieht sie nicht nur als materiellen Reichtum, sondern als Beweis für ihre Arbeiten und ihre Integrität. Das Geld repräsentiert für sie auch das, was ihr „Gott schuldig geblieben“ ist – das Glück und die guten Umstände, die ihr im Leben verwehrt wurden.
Das Gedicht hat eine einfache Form und Sprache, die zu der schlichten, aber stolzen Persönlichkeit der Frau passen. Es besteht aus fünf vierzeiligen Strophen mit abwechselndem Reim, was dem Gedicht ein gleichmäßiges, stetiges Gefühl gibt. Die Sprache ist klar und sachlich, ohne viel Metaphorik oder Verzierung, was der Beschreibung der Frau und ihren Lebensumständen entspricht: nüchtern, unverzerrt und ehrlich.
Zudem setzt Ada Christen einen starken Fokus auf das Thema soziale Gerechtigkeit, Hierbei handelt es sich um eine Thematik, die auch in anderen Werken der Autorin präsent ist, welche die Missstände und Ungleichheiten der Gesellschaft zur damaligen Zeit aufzeigt. Im Kontext der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des 19. Jahrhunderts kann dieses Gedicht als sozialkritische Reflexion gelesen werden.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Ein Balg“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Ada Christen. Geboren wurde Christen im Jahr 1839 in Wien. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1855 und 1901. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 97 Worte. Die Dichterin Ada Christen ist auch die Autorin für Gedichte wie „Auf Ruinen“, „Auf dem Meere“ und „Auf den Bergen“. Zur Autorin des Gedichtes „Ein Balg“ haben wir auf abi-pur.de weitere 81 Gedichte veröffentlicht.
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