An George Sand von Louise Franziska Aston

O naht mit Lorbeerkränzen, naht mit Palmen!
Der Freiheit Majestät ist neu erwacht;
Ein Evangelium kam über Nacht,
Herniederrauschend in Gewitterpsalmen;
Und was vom alten Wahn umnachtet
Nach Rettung und Erlösung schmachtet:
Das eile zu des neuen Geistes Fahnen!
Das streu ihm Blumen auf die Siegerbahnen!
 
Nicht Jeanne d'Arc mit Frankreichs Heldensöhnen
10 
Hat sich dem neuen, heil'gen Kampf geweiht;
11 
Nicht Königen, nicht Völkern gilt der Streit:
12 
Den freien Menschen gilt es jetzt zu krönen!
13 
Nicht winkt der Andacht Lebenssonne,
14 
Das Bild der himmlischen Madonne;
15 
Ein andres Bild wird schützend uns umschweben,
16 
Aus andern Zügen spricht ein andres Leben.
 
17 
Mag jener Traum die Träumenden beglücken;
18 
Längst schwand dahin der Heil'gen Wundermacht.
19 
Es ziehn die Irdischen zur Freiheitsschlacht,
20 
Es gilt des Geistes machtvoll Schwert zu zücken!
21 
Empor, aus trauriger Betörung!
22 
Empor, in heiliger Empörung!
23 
Ein Heldenweib, mit flammenden Panieren,
24 
Wird euch zum Sieg, wird euch zur Freiheit führen!
 
25 
Auf ihren Bannern glänzt im Morgenlichte
26 
Das freie Weib, das keinem fremden Wahn,
27 
Das nur dem eignen Geiste untertan,
28 
Dem Losungswort der neuen Weltgeschichte!
29 
Das freie Weib, es schmückt die Fahne!
30 
Von Sünden frei, weil frei vom Wahne,
31 
Dem Vater Wahn mit seiner Tochter Sünde,
32 
Dem blöden Vater mit dem blöden Kinde.
 
33 
Doch all der Kampf, der in der Brust der Frauen
34 
So schmerzensreich, doch zukunftsvoll, sich regt,
35 
Der schon im Schoß ein schönres Leben trägt,
36 
Das wir nur ahnen, nur prophetisch schauen:
37 
Du zaubertest sein mächtig Walten
38 
In lebenskräftige Gestalten!
39 
Den Kampf der Zeit in ihren echten Töchtern
40 
Vermachtest du den spätesten Geschlechtern!
 
41 
Du heiligtest mein Sinnen und mein Trachten,
42 
Du gabst mir Mut in einsam herber Qual;
43 
Berührt von deines Geistes Zauberstrahl,
44 
Kann kühner ich der Menge Spott verachten:
45 
Mag sie vor goldnen Kälbern beten,
46 
Und frevelnd lästern die Propheten;
47 
Ich steh bei dir, verhüllt vor ihren Blicken,
48 
Auf freien Höh'n in heiligem Entzücken!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.5 KB)

Details zum Gedicht „An George Sand“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
48
Anzahl Wörter
302
Entstehungsjahr
1814 - 1871
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das besprochene Gedicht „An George Sand“ stammt von der Schriftstellerin Louise Franziska Aston, die von 1814 bis 1871 lebte. Sie war Schriftstellerin und Frauenrechtlerin in der Zeit des Vormärz, das heißt, sie lebte und arbeitete in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Das Gedicht hinterlässt auf den ersten Eindruck den Eindruck von Freiheitsliebe, Kampfesmut und des Respekts vor der anzusprechenden Person, George Sand. Es spiegelt das Anliegen und die Werte dieser Zeit wider, vor allem die Notwendigkeit von Veränderung und die Rolle, die Frauen dabei spielten.

Inhaltlich ist das Gedicht ein Lob und eine Ehrung für George Sand, eine bekannte französische Schriftstellerin und Feministin des 19. Jahrhunderts. Das lyrische Ich beschreibt einen neuen, heiligen Kampf um die Freiheit, bei dem nicht Könige oder Völker, sondern freie Menschen gekrönt werden sollen. Es wird die Vision eines freien Weibes präsentiert, das frei von Irrglauben und Unabhängigkeit ist. Entschlossenheit, Mut und Auflehnung gegenüber der Gesellschaft werden hervorgehoben.

In Bezug auf die Form und die Sprache des Gedichts ist festzustellen, dass es aus sechs Strophen besteht, von denen jede acht Verse enthält. Die Sprache ist erhaben und anregend mit einer starken Verwendung von Bildern und Metaphern, die Freiheit, Widerstand und Veränderung symbolisieren. Der Gebrauch von literarischen Figuren wie Jeanne d'Arc, den heldenhaften Söhnen Frankreichs und dem freien Weib unterstreicht die dramatische und kämpferische Stimmung des Gedichts. Es wird eine apokalyptische Vision beschrieben, in der das überkommene patriarchale Systems aufgebrochen und durch ein neues ersetzt wird, in dem Frauen und Männer als gleichwertig angesehen werden.

Weitere Informationen

Das Gedicht „An George Sand“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Louise Franziska Aston. Geboren wurde Aston im Jahr 1814 in Gröningen. Das Gedicht ist in der Zeit von 1830 bis 1871 entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zugeordnet werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das Gedicht besteht aus 48 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 302 Worte. Weitere Werke der Dichterin Louise Franziska Aston sind „Lied einer schlesischen Weberin“, „In Potsdam“ und „Berlin am Abende des 12. November 1848“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „An George Sand“ weitere 23 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Weitere Gedichte des Autors Louise Franziska Aston (Infos zum Autor)

Zum Autor Louise Franziska Aston sind auf abi-pur.de 23 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.