Dithyrambe von Louise Franziska Aston

Glücklich, wem der Gott der Reben
Seine süßen Gaben beut,
Hüllend um das ganze Leben
Selige Vergessenheit!
Alle finstern Geister weichen,
Aller Fesseln sind wir los,
Herrscher in des Traumes Reichen,
Fühlt der Geist sich frei und groß.
 
Fort, mit deinen bleichen Zügen,
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Träumende Erinnerung!
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Deinen Zauber zu betrügen,
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Fühl' ich mächtig mich und jung!
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Heiliger Entzückung Gluten
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Fach' ich in der Seele an;
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Möchte frei das All' umfluten,
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Wie der alte Ocean!
 
17 
Stürmt empor, ihr Jugendgeister!
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Tanzt um mich in frohen Reih'n!
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Immer frischer, immer dreister,
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Stürzt in's Leben euch hinein!
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Fluch den fremden, starren Mächten,
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Die der Menschen Sinn bethört;
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Die uns martern, die uns knechten,
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Die mein ganzes Sein zerstört!
 
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Mächt'ger Gott der süßen Reben,
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Spende mir Vergessenheit!
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Schenke mir ein neues Leben,
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Voll Genuß und Seligkeit!
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Schlagt die Gläser all' in Scherben:
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So vergeh' die alte Welt!
31 
So mag sterben und verderben,
32 
Was das Herz in Fesseln hält!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.9 KB)

Details zum Gedicht „Dithyrambe“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
152
Entstehungsjahr
1814 - 1871
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Dithyrambe“ wurde von der deutschen Schriftstellerin Louise Franziska Aston verfasst, die von 1814 bis 1871 lebte. Somit kann das Gedicht dem 19. Jahrhundert und der literarischen Epoche des Vormärz zugeordnet werden. Aston war eine politisch und sozial engagierte Autorin, was sich auch in ihren Werken niederschlägt.

Auf den ersten Blick erweckt das Gedicht einen Eindruck von Freiheit und Vergessenheit, welche meist durch den Konsum von Alkohol, symbolisiert durch den „Gott der Reben“, erreicht werden.

Im Inhalt des Gedichts geht es um das lyrische Ich, das sich nach Freiheit und Vergessenheit sehnt, um den Alltagstrott und die gesellschaftlichen Fesseln zu entkommen. Es wird deutlich, dass das lyrische Ich den Zustand der Unbeschwertheit und Freiheit, den vermutlich Wein hervorruft, anstrebt und sich weigert, in der Realität und ihren Zwängen zu verweilen. Ein weiteres Leitmotiv ist der Wunsch nach Jugend und Frische, welche als Synonyme für Freiheit und Unabhängigkeit stehen.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen mit jeweils acht Versen. Es weist keinen akkuraten Reimschema auf, was die Rebellion gegen Konventionen und Regeln unterstreichen könnte. Die Sprache ist eher einfach und direkt, was die deutliche und entschiedene Haltung des lyrischen Ichs widerspiegelt.

Die wiederholte Anrufung des „Gottes der Reben“, der Alkohol und das Vergessen symbolisiert, kennzeichnet das Gedicht als Dithyrambe, ein ursprünglich der antiken griechischen Lyrik entstammendes, begeisterndes Loblied. Hier wird jedoch nicht der Wein an sich gepriesen, sondern das Vergessen und die Freiheit, die er zu bieten scheint. Insofern verbindet das Gedicht auf innovative Weise traditionelle Formen mit zeitgenössischen sozialen Themen. Es könnte als Ausdruck des Widerstands gegen gesellschaftliche Zwänge und als Sehnsucht nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung interpretiert werden.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Dithyrambe“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Louise Franziska Aston. Die Autorin Louise Franziska Aston wurde 1814 in Gröningen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1830 und 1871. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zugeordnet werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das 152 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Die Dichterin Louise Franziska Aston ist auch die Autorin für Gedichte wie „Lied einer schlesischen Weberin“, „In Potsdam“ und „Berlin am Abende des 12. November 1848“. Zur Autorin des Gedichtes „Dithyrambe“ haben wir auf abi-pur.de weitere 23 Gedichte veröffentlicht.

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