An Ihn von Louise Franziska Aston

Kann ich lindern dieses Sehnen,
Das mich träumend Dir vereint?
Dir verhaßt sind diese Thränen,
Die der blasse Kummer weint;
Die ein Opfer des Geschickes
Weint am Grab entschwund'nen Glückes!
»Ihre Todten zu begraben,
Laß' die Todten sich bemüh'n!
Doch des Lebens reichste Gaben
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Mögen den Lebend'gen blüh'n
 
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Ewig soll's im Herzen lenzen,
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Neue Triebe, neue Kraft!
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Und mit frischen Blüthenkränzen
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Schmücke sich die Leidenschaft!
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Was im Sturm der Zeit verloren,
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Sei verjüngt und neugeboren!
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Wenn der Sonne Glanz versunken,
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Wenn verglüht des Tages Pracht;
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Steige auf, von Wonne trunken,
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Gluterfüllte Liebesnacht!«
 
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Und doch rührt mich frisches Leben
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Nicht mit seinem Zauberstab.
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Träumende Gedanken schweben
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Um entschwund'ner Zeiten Grab;
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Und es grüßt die bange Klage
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Abendroth versunk'ner Tage.
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Will ich kräftig mich ermannen,
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Fliehen der Erinn'rung Fluch;
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Fehlt, die Geister fortzubannen,
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Mir der mächt'ge Zauberspruch!
 
31 
Schau' umher ich tiefbekümmert,
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Alles wird zur Elegie;
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Und im Innersten zertrümmert
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Ist der Seele Harmonie;
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Klagend in Erinnerungen,
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Eine Glocke, die gesprungen!
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Wer dem machterfüllten Beben
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Ihrer Töne einst gelauscht;
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Hört, wie jetzt zerriss'nes Leben
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In gebroch'nen Klängen rauscht.
 
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Schöne Tage, kehret wieder!
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Bringt das Herrliche zurück!
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Seiner Freiheit wilde Lieder;
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Seiner Liebe mildes Glück!
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Ja, vergessen war mein Dulden,
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Und vergeben mein Verschulden!
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Deiner Lehre treuer Jünger
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Weint' ich keinem Glücke nach,
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Denn ein neuer Freudenbringer
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Stieg empor der neue Tag.
 
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Sprach'st Du mir von Männerwürde,
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Von der Freiheit Herrlichkeit,
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Warf ich eig'ner Sorgen Bürde
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In das weite Meer der Zeit.
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Eine Schranke muß ja fallen,
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Und ein Morgen tagt uns allen!
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Wenn den unterdrückten Knechten
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Erst der Freiheit Sonne scheint;
59 
Wird das Weib mit gleichen Rechten
60 
Einst dem freien Mann vereint.
 
61 
Nimmer lausch' ich mehr dem Worte,
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Das mein Innerstes durchklang;
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Pochend an der Zukunft Pforte
64 
In der Jugend Thatendrang,
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Raubend von des Himmels Heerde
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Licht und Feuer für die Erde.
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Solcher Liebe heißes Werben
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Wurde rasch des Friedens Grab;
69 
Und in seliges Verderben
70 
Stürzt' ich freudig mich hinab.
 
71 
Kann ich lindern dieses Sehnen,
72 
Das mich träumend Dir vereint?
73 
Dir verhaßt sind diese Thränen,
74 
Die der blasse Kummer weint!
75 
Wohl! so will ich schmerzhaft ringen,
76 
Finst're Trauer zu bezwingen:
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»Ihre Todten zu begraben,
78 
Laß die Todten sich bemüh'n;
79 
Doch des Lebens reichste Gaben
80 
Mögen den Lebend'gen blüh'n!«
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (29.8 KB)

Details zum Gedicht „An Ihn“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
80
Anzahl Wörter
365
Entstehungsjahr
1814 - 1871
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An Ihn“ stammt von Louise Franziska Aston und wurde vermutlich im 19. Jahrhundert verfasst. Aston, eine deutsche Schriftstellerin und Aktivistin, spielte eine bedeutende Rolle in der damaligen Frauenbewegung. Sie wurde für ihr rebellisches Verhalten und ihre Proteste gegen die gesellschaftlichen Normen bekannt und war eine prominente Figur des Vormärz, des Zeitraums vor der Revolution von 1848 in Deutschland.

Ein erster Eindruck des Gedichts ist, dass es sehr emotional und persönlich wirkt. Aston benutzt viel übertriebene Sprache und Metaphorik, um starke Gefühle von Sehnsucht, Trauer und Nostalgie zu vermitteln. Das Gedicht hat eine melancholische, fast klagende Qualität, und viele Passagen drücken ein Gefühl der Verzweiflung und Unzufriedenheit aus.

Der Inhalt des Gedichts ist eine durchgehende kraftvolle Emotionswelle, in der das lyrische Ich seine tiefen Sehnsüchte, seine unerfüllte Liebe und seinen Kummer über die Vergangenheit zum Ausdruck bringt. Das lyrische Ich fürchtet, dass seine tiefe Sehnsucht und das damit verbundene Leid von seinem Geliebten nicht verstanden oder sogar gehasst wird. Es erinnert sich wehmütig an vergangene Zeiten und empfindet Schwierigkeiten, sich mit seiner Gegenwart und Zukunft abzufinden.

Die Form des Gedichts ist sehr geregelt, jede Strophe besteht aus zehn Versen. Der Rhythmus scheint melodisch und klanglich und gibt dem Leser ein ausgeprägtes Gefühl von Fluss und Wiederholung. Die Sprache des Gedichts ist äußerst bilderreich und poetisch, voller Metaphern und Symbole. Es wird eine Welt aus Emotionen und Bildern geschaffen, die den Leser dazu einlädt, tief in das Herz des lyrischen Ichs einzutauchen.

Zusammenfassend handelt das Gedicht „An Ihn“ von tiefer Sehnsucht, Erinnerungen und der Unfähigkeit, sich den gegenwärtigen Gegebenheiten anzupassen oder eine Hoffnung für die Zukunft zu sehen. Die starke Emotion und tiefe Traurigkeit, die in dem Gedicht zum Ausdruck kommt, und die verwendeten Metaphern und Symbole geben einen interessanten Einblick in die Denkweise und Gefühlswelt der Autorin in dieser Zeit.

Weitere Informationen

Das Gedicht „An Ihn“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Louise Franziska Aston. Die Autorin Louise Franziska Aston wurde 1814 in Gröningen geboren. Im Zeitraum zwischen 1830 und 1871 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin vorgenommen werden. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das Gedicht besteht aus 80 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 365 Worte. Weitere Werke der Dichterin Louise Franziska Aston sind „Lebensmotto“, „An George Sand“ und „Dithyrambe“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „An Ihn“ weitere 23 Gedichte vor.

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