In Potsdam von Louise Franziska Aston

Vom Dome hallen Glockenklänge
Stille Andacht überall,
Gläubig singt des Volkes Menge
Zu der Orgel hellem Schall;
Dort in einsamer Kapelle
An des Altars heilger Schwelle
Knie'n die Allerhöchsten Sünder,
Gottes auserwählte Kinder.
 
Was sie beten, was sie flehen?
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Ihre bleiche Lippe spricht:
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»Jetzt, da wir am Abgrund stehen,
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Jetzt - nur jetzt verlaß' uns nicht!
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Unser Purpur will erbleichen,
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Unsre Macht zerfällt in Scherben:
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Lass' mit Blute sonder Gleichen
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Uns den Purpur wieder färben!
 
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Mögen sie zum Himmel beten
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Und mit neu gestärktem Muth
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Eines Volkes Recht zertreten,
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Pochend auf des Höchsten Huth:
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Taub und schwach sind ihre Götter,
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Taugen nur zum Spiel der Spötter;
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Doch der Geist, der ewig freie,
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Gibt dem Volk die Siegesweihe!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „In Potsdam“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
117
Entstehungsjahr
1814 - 1871
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „In Potsdam“ wurde von Louise Franziska Aston verfasst, einer deutschen Schriftstellerin des 19. Jahrhunderts, nämlich des Vormärz. Somit ist das Gedicht in der Epoche des Biedermeier einzuordnen.

Auf den ersten Blick handelt das Gedicht von einem Gottesdienst, bei dem die „Allerhöchsten Sünder“, womöglich bedeutende Personen oder Herrscher, betend am Altar knien. Der Klang der Glocken und die Andacht der Menge suggerieren eine Atmosphäre der Spiritualität und Ergebenheit.

Inhaltlich zeigt das Gedicht jedoch ein deutliches politisches Engagement. Es kritisiert die Führungspersonen mit ihren Heucheleien und Machtspielen und bezieht Stellung für die einfachen Menschen, das Volk. Die „Allerhöchsten Sünder“ beten um Macht und Einfluss, den sie mit Blut - möglicherweise das des Volkes - wiederherstellen wollen. Gegen Ende des Gedichts stärkt das lyrische Ich jedoch das Volk mit der Aussage, dass ihre Götter schwach sind und nur zum Spot dienen, während der ewige Geist dem Volk den Sieg verleiht.

Die Form des Gedichts besteht aus drei Strophen zu je acht Versen. Es ist in einem kurzen, klaren Versmaß geschrieben und folgt keinem festgelegten Reimschema. Der Rhythmus und die präzise Wortwahl verleihen dem Gedicht sowohl eine musikalisch anmutende als auch eine eindringliche Wirkung.

Die Sprache ist sowohl bildlich als auch deutlich. Die Autorin nutzt religiöse und königliche Metaphern, um ihre Kritik auszudrücken. Metaphern wie „Purpur“, das für königliche Macht steht, oder „Blut“, das für Gewalt und Opfer steht, sind entscheidende Elemente in ihrer Kritik. Gleichzeitig ist der Text unverblümt in seiner Kritik an der Heuchelei der Mächtigen.

Insgesamt ist Aston mit „In Potsdam“ ein stark politisch geprägtes Gedicht gelungen, das sich für die Rechte des Volkes einsetzt und scheinheilige Machtstrukturen in Frage stellt. Sie verwendet dabei sowohl metaphorische als auch kraftvolle und direkte Sprache, um ihre Botschaft zu unterstreichen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „In Potsdam“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Louise Franziska Aston. 1814 wurde Aston in Gröningen geboren. Zwischen den Jahren 1830 und 1871 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her lässt sich das Gedicht den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 117 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Die Gedichte „Lebensmotto“, „An George Sand“ und „Dithyrambe“ sind weitere Werke der Autorin Louise Franziska Aston. Zur Autorin des Gedichtes „In Potsdam“ haben wir auf abi-pur.de weitere 23 Gedichte veröffentlicht.

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