In stiller, wehmuthweicher Abendstunde von Heinrich Heine
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In stiller, wehmuthweicher Abendstunde, |
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Umklingen mich die längst verscholl’nen Lieder, |
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Und Thränen rollen von der Wange nieder, |
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Und Blut entquillt der alten Herzenswunde. |
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Und wie in eines Zauberspiegels Grunde |
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Seh’ ich das Bildniß meiner Liebsten wieder; |
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Sie sitzt am Arbeitstisch’, im rothen Mieder, |
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Und Stille herrscht in ihrer heilgen Runde. |
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Doch plötzlich springt sie auf vom Stuhl und schneidet |
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Von ihrem Haupt die schönste aller Locken, |
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Und giebt sie mir, – vor Freud bin ich erschrocken! |
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Mephisto hat die Freude mir verleidet. |
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Er spann ein festes Seil von jenen Haaren, |
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Und schleift mich dran herum seit vielen Jahren. |
Details zum Gedicht „In stiller, wehmuthweicher Abendstunde“
Heinrich Heine
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14
98
1817–1821
Junges Deutschland & Vormärz
Gedicht-Analyse
Das vorgelegte Gedicht „In stiller, wehmuthweicher Abendstunde“ wurde von Heinrich Heine verfasst, einem der bedeutendsten deutschen Dichter der Romantik, der von 1797 bis 1856 lebte. Die genaue Entstehungszeit des Gedichts ist nicht bekannt, kann aber aufgrund des Todesdatums von Heine auf das 19. Jahrhundert datiert werden.
Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht melancholisch und schwer, begleitet von starken Gefühlsausdrücken.
Der Inhalt des Gedichts dreht sich um die erinnerungsschwangere Reflexion des lyrischen Ichs auf eine vergangene Liebe. In einer melancholisch eingefärbten Abendstunde kommen ihm längst vergessene Lieder in den Sinn, die ihn zum Weinen bringen und alte Wunden wieder aufreißen lassen. Das Bild seiner Geliebten erscheint vor seinem inneren Auge, genau wie sie damals am Arbeitstisch saß. Inmitten dieser Heiligkeit der Stille, erinnert sich das lyrische Ich, wie sie ihre schönste Locke abschnitt und schenkte. Doch diese eingefangene Freude wird ihm durch die Figur des Mephisto verleidet - eine Metapher für das Böse oder das Unglück - der aus den Haaren ein Seil spannt, an dem das lyrische Ich seit Jahren herumgeschleift wird.
In formaler Hinsicht besteht das Gedicht aus 14 Versen, angeordnet in eine große Strophe. Die Sprache des Gedichts ist geprägt von Metaphern und bildhaften Ausdrücken, die auf Heines romantische Schreibweise hinweisen. Er verwendet Worte mit tiefer Emotion wie „wehmuthweich“, „Thränen“, „Blut“ und „Herzenswunde“ um Gefühle des Schmerzes und der Trauer zu vermitteln. Die Figur des Mephisto könnte als Anlehnung an Goethes „Faust“ interpretiert werden, wo sie die Rolle des Bösen spielt, was die melancholische Stimmung des Gedichts unterstreicht.
Das Gedicht wirkt insgesamt wie eine melancholische Rückbesinnung auf vergangene Zeiten und verlorene Liebe, getränkt mit Reue und dem Bewusstsein, dass das Vergangene nicht mehr zurückkehren wird.
Weitere Informationen
Das Gedicht „In stiller, wehmuthweicher Abendstunde“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Heinrich Heine. Der Autor Heinrich Heine wurde 1797 in Düsseldorf geboren. 1821 ist das Gedicht entstanden. Hamburg ist der Erscheinungsort des Textes. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Junges Deutschland & Vormärz zu. Bei dem Schriftsteller Heine handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 98 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit nur einer Strophe. Weitere Werke des Dichters Heinrich Heine sind „Allnächtlich im Traume seh’ ich dich“, „Almansor“ und „Als ich, auf der Reise, zufällig“. Zum Autor des Gedichtes „In stiller, wehmuthweicher Abendstunde“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 535 Gedichte vor.
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