Ich saug an meiner Nabelschnur von Johann Wolfgang von Goethe

Ich saug an meiner Nabelschnur
Nun Nahrung aus der Welt.
Und herrlich rings ist die Natur,
Die mich am Busen hält!
Die Welle wieget unsern Kahn
Im Rudertakt hinauf,
Und Berge, wolkenangetan,
Entgegnen unserm Lauf.
 
Aug, mein Aug, was sinkst du nieder?
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Goldne Träume, kommt ihr wieder?
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Weg, du Traum! so gold du bist;
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Hier auch Lieb und Leben ist.
 
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Auf der Welle blinken
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Tausend schwebende Sterne,
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Liebe Nebel trinken
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Rings die türmende Ferne,
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Morgenwind umflügelt,
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Die beschattete Bucht,
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Und im See bespiegelt
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Sich die reifende Frucht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Ich saug an meiner Nabelschnur“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
87
Entstehungsjahr
1775
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Ich saug an meiner Nabelschnur“ von Johann Wolfgang von Goethe handelt von der Verbindung des lyrischen Ichs mit der Natur. Die Nabelschnur steht hier als Symbol für die Verbindung des Menschen mit der Welt und der Natur. Das lyrische Ich saugt nun Nahrung aus der Welt und fühlt sich von der Natur gehalten. Die Natur wird als herrlich und wunderschön beschrieben und das lyrische Ich genießt sichtlich die Verbundenheit mit ihr. Es beschreibt, wie es gemeinsam mit anderen auf einer Welle durch das Wasser fährt und von Bergen umgeben ist. Doch plötzlich wird das lyrische Ich aus seinen Gedanken gerissen und fragt sich, warum das Auge sinkt und goldenen Träumen nachhängt, wenn es hier und jetzt Liebe und Leben gibt.

In der zweiten Strophe beschreibt das lyrische Ich die Schönheit der Natur und der Umgebung auf dem Wasser. Es sieht tausend Sterne auf dem Wasser funkeln und Nebel, der in der Ferne schwebt. Der Morgenwind umflügelt die beschattete Bucht und im See spiegelt sich die reifende Frucht. Diese Beschreibung der Schönheit und Kraft der Natur sowie der Umgebung zeigt, dass das lyrische Ich in diesem Moment in jeder Hinsicht in der Gegenwart und im Moment verankert ist.

Insgesamt verdeutlicht das Gedicht die Bedeutung und die Schönheit der Verbindung des Menschen mit der Natur. Es zeigt, dass wir uns von der Natur ernähren und von ihr gehalten werden. Das lyrische Ich ruft dazu auf, sich auf die Schönheit der Natur zu konzentrieren und den Augenblick zu genießen, statt in goldenen Träumen zu versinken. Goethes Gedicht erinnert uns daran, dass wir ein Teil der Natur sind und dass wir uns von ihr nähren und halten lassen sollten.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Ich saug an meiner Nabelschnur“ ist Johann Wolfgang von Goethe. Der Autor Johann Wolfgang von Goethe wurde 1749 in Frankfurt am Main geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1775. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Goethe ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang (häufig auch Geniezeit oder Genieperiode genannt) ist eine literarische Epoche, welche zwischen 1765 und 1790 existierte und an die Empfindsamkeit anknüpfte. Später ging sie in die Klassik über. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das philosophische und literarische Denken in Deutschland. Der Sturm und Drang kann als eine Protest- und Jugendbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale verstanden werden. Das Rebellieren gegen die Epoche der Aufklärung brachte die wesentlichen Merkmale dieser Epoche hervor. Die Vertreter der Epoche des Sturm und Drang waren häufig Autoren im jungen Alter, die sich gegen die vorherrschende Strömung der Aufklärung wandten. Die Autoren versuchten in den Gedichten eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Künstlern aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die alten Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Zeitlich lässt sich die Weimarer Klassik mit Goethes Italienreise 1786 und mit Goethes Tod im Jahr 1832 eingrenzen. Zwei gegensätzliche Anschauungen hatten das 18. Jahrhundert beeinflusst. Die Aufklärung und die gefühlsbetonte Strömung Sturm und Drang. Die Weimarer Klassik ist eine Synthese dieser beiden Elemente. Sowohl die Bezeichnung Klassik als auch die Bezeichnung Weimarer Klassik sind gebräuchlich. Das literarische Zentrum dieser Epoche lag in Weimar. Der Begriff Humanität ist prägend für die Zeit der Weimarer Klassik. Die wichtigsten inhaltlichen Merkmale der Klassik sind: Selbstbestimmung, Harmonie, Menschlichkeit, Toleranz und die Schönheit. In der Weimarer Klassik wird eine einheitliche, geordnete Sprache verwendet. Kurze, allgemeingültige Aussagen (Sentenzen) sind oftmals in Werken der Weimarer Klassik zu finden. Da man die Menschen früher mit der Kunst und somit auch mit der Literatur erziehen wollte, setzte man großen Wert auf Stabilität und formale Ordnung. Metrische Ausnahmen befinden sich immer wieder an Stellen, die hervorgehoben werden sollen. Die wichtigen Vertreter der Weimarer Klassik sind: Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried von Herder.

Das 87 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Die Gedichte „An den Mond“, „An den Schlaf“ und „An den Selbstherscher“ sind weitere Werke des Autors Johann Wolfgang von Goethe. Zum Autor des Gedichtes „Ich saug an meiner Nabelschnur“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 1618 Gedichte vor.

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