An Belinden von Johann Wolfgang von Goethe
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Warum ziehst du mich unwiderstehlich, |
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Ach! in iene Pracht? |
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War ich guter Junge nicht so seelig |
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In der öden Nacht! |
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Heimlich in mein Zimmerchen verschloßen, |
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Lag im Mondenschein, |
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Ganz von seinem Schauerlicht umfloßen – |
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Und ich dämmert ein. |
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Träumte da von vollen goldnen Stunden, |
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Ungemischter Lust! |
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Ahndungsvoll hatt’ ich dein Bild empfunden |
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Tief in meiner Brust. |
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Bin ich’s noch, den du bey so viel Lichtern |
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An dem Spieltisch hältst? |
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Oft so unerträglichen Gesichtern |
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Gegenüber stellst? |
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Reizender ist mir des Frühlingsblüthe |
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Nun nicht auf der Flur; |
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Wo du Engel bist, ist Lieb und Güte, |
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Wo du bist, Natur. |
Details zum Gedicht „An Belinden“
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97
1774–1775
Sturm & Drang,
Klassik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „An Belinden“ wurde von Johann Wolfgang von Goethe verfasst, einem der bedeutendsten Dichter der deutschen Literatur. Es stammt aus dem 18. Jahrhundert, einer Epoche, die häufig als „Goethezeit“ bezeichnet wird, wobei Goethe eine zentrale Rolle im Sturm und Drang und in der Weimarer Klassik spielte.
Auf den ersten Blick ist das Gedicht eine tiefgehende und introspektive Reflexion des lyrischen Ichs über seine Beziehung zu einer geliebten Person, vermutlich einer Dame namens Belinden. Die Fragestellungen und der Ton deuten auf eine gewisse Hingezogenheit, aber auch auf einen inneren Konflikt oder ein Spannungsfeld hin.
Inhaltlich scheint das lyrische Ich mit seinem aktuellen Zustand oder der Veränderung seiner Situation unzufrieden zu sein. In den ersten beiden Strophen spricht es von einer seeligen Zeit, die es in der „öden Nacht“, mutmaßlich alleine verbracht hat. Es waren Zeiten der Ruhe und möglicherweise der kreativen Einkehr, in denen das lyrische Ich träumerisch in seinem „Zimmerchen“ saß. In der dritten Strophe offenbart das lyrische Ich, dass es irgendwo in seinem Innersten das Bild von Belinden trägt und von Vergnügen träumt. Doch dann zieht das lyrische Ich einen unangenehmen Vergleich: in der vierten Strophe scheint es sich in einer gesellschaftlichen Situation (einem Spiel am Tisch) zu befinden, deren Hektik und Oberflächlichkeit im Kontrast zu seiner Nostalgie nach der Ruhe und dem Frieden der Nacht stehen. In der letzten Strophe drückt das lyrische Ich eine tiefgreifende Wertschätzung und Liebe für Belinden aus, die als Engel, als Synonym für Liebe, Güte und Natur gesehen wird.
Die Form des Gedichts ist klar und strukturiert. Es besteht aus fünf Vierzeilern mit gereimten Jamben, einem häufig in der deutschen Lyrik verwendeten Versmaß. Die Sprache ist elegant und altmodisch, was an die Entstehungszeit des Gedichts erinnert. Die rhetorischen Fragen im Gedicht dienen dazu, das Innenleben und die Konflikte des Sprechers zu verdeutlichen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „An Belinden“ eine liebevolle, wenn auch komplexe Reflexion über persönliche Beziehungen und gesellschaftlichen Druck darstellt. Es zeigt den inneren Konflikt des lyrischen Ichs, das zwischen seiner Sehnsucht nach Ruhe und Einkehr und dem gesellschaftlichen Leben hin- und hergerissen ist, das durch die Präsenz von Belinden repräsentiert wird.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „An Belinden“ ist Johann Wolfgang von Goethe. 1749 wurde Goethe in Frankfurt am Main geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1775 entstanden. Erschienen ist der Text in Düsseldorf. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Goethe ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.
Die Epoche des Sturm und Drang reicht zeitlich etwa von 1765 bis 1790. Sie ist eine Strömung innerhalb der Aufklärung (1720–1790) und überschneidet sich teilweise mit der Epoche der Empfindsamkeit (1740–1790) und ihren Merkmalen. Häufig wird die Epoche des Sturm und Drang auch als Geniezeit oder Genieperiode bezeichnet. Die Klassik knüpft an die Literaturepoche des Sturm und Drang an. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das literarische und philosophische Denken im deutschen Sprachraum. Der Sturm und Drang „stürmte“ und „drängte“ als Jugend- und Protestbewegung gegen die aufklärerischen Ideale. Ein wesentliches Merkmal des Sturm und Drang ist somit ein Rebellieren gegen die Epoche der Aufklärung. Bei den Vertretern der Epoche des Sturm und Drang handelte es sich vorwiegend um Schriftsteller jüngeren Alters. Um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Vorschein zu bringen, wurde insbesondere darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden und in den Gedichten einzusetzen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Mit der Hinwendung Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.
Die Weimarer Klassik war geprägt durch die Französische Revolution mit ihren Forderungen nach Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit. Der Kampf um eine Verfassung, die revolutionäre Diktatur unter Robespierre und der darauffolgende Bonapartismus führten zu den Grundstrukturen des 19. Jahrhundert (Nationalismus, Liberalismus und Imperialismus). Die Literaturepoche der Weimarer Klassik lässt sich zeitlich mit Goethes Italienreise im Jahr 1786 und mit Goethes Tod 1832 eingrenzen. Wie der Name bereits verrät, liegen der Ausgangspunkt und das literarische Zentrum der Weimarer Klassik, die auch kurz Klassik genannt wird, in Weimar. Teilweise wird auch Jena als ein weiteres Zentrum der Literaturepoche angesehen. Die Vertreter der Weimarer Klassik wollten die antiken Stoffe aufleben lassen. Mit der antiken Kunst beschäftigte sich Goethe während seiner Italienreise. Die Antike gilt nun als Ideal, um Harmonie und Vollkommenheit zu erreichen. Typisch ist ein hohes Sprachniveau und eine reglementierte Sprache. Diese reglementierte Sprache verdeutlicht im Vergleich zum natürlichen Sprachideal des Sturm und Drang mit all seinen Derbheiten den Ausgleich zwischen Gefühl und Vernunft. Die Vertreter der Epoche haben in der Klassik auf Stil- und Gestaltungsmittel aus der Antike zurückgegriffen. Die populärsten Autoren der Klassik sind: Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Johann Gottfried von Herder und Christoph Martin Wieland.
Das 97 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Johann Wolfgang von Goethe ist auch der Autor für Gedichte wie „Alexis und Dora“, „Am 1. October 1797“ und „Amytnas“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An Belinden“ weitere 1618 Gedichte vor.
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Zum Autor Johann Wolfgang von Goethe sind auf abi-pur.de 1618 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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