Toni von Felix Dörmann

Den ganzen Tag hindurch bin ich besonnen
Und weiß es so genau als irgend einer,
Dass du gestorben bist und dass man Dich
Weit draußen auf den großen, grellbesonnten,
Kasernenkahlen Friedhof eingegraben,
Weiß, dass ich selber eine braune Scholle
Und einen Veilchenkranz Dir nachgeworfen.
 
Zur Dämmerzeit jedoch, da werd' ich wankend,
Und insgeheim erwacht in mir der Zweifel,
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Obs wirklich wahr ist oder bloß geträumt,
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Ob das nicht irgend eine Fremde war,
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Zu deren Leichenzug ein blinder Zufall
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An jenem Frühlingsmorgen mich geführt.
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Ob ich in jener dumpfig-kühlen Kammer
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Mit ihren weißgetünchten, nackten Wänden
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Nicht eine müdgespielte Schläferin nur
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Geküsst und keine Todte.
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Sah sie doch
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So gar nicht todt aus! Nein, so rosig frisch,
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So ganz wie alle Tage, gar nicht schrecklich.
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Und sehnsuchtsvoll durchirrt mein Aug' die Straßen
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Und hält an jeder Ecke wartend still,
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Ob nicht die zarte, reizende Figur
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Mit ihrem lieben Amorettenkopf
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Und ihren Zöpfen, schwer und dunkelbraun,
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Auf einmal aus dem Menschentrubel auftaucht
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Und mir entgegenruft, erregt und lachend,
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Um staunende Passanten unbekümmert,
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Da bin ich schon, mein lieber Bub'. Grüß' Gott!
 
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Das ist am Abend, aber ach! am Tag'
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Da träum' ich nicht, da weiß ich alles, alles ...
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.1 KB)

Details zum Gedicht „Toni“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
31
Anzahl Wörter
195
Entstehungsjahr
1870 - 1928
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Toni“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Felix Dörmann. Der Autor Felix Dörmann wurde 1870 in Wien geboren. Im Zeitraum zwischen 1886 und 1928 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus oder Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zuordnen. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das 195 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 31 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Die Gedichte „Anna“, „Hermance“ und „Dereinst erlebt“ sind weitere Werke des Autors Felix Dörmann. Zum Autor des Gedichtes „Toni“ haben wir auf abi-pur.de weitere 89 Gedichte veröffentlicht.

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