Ein Abschied von Felix Dörmann
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Der Scheidestunde thränendumpfe Schwermuth, |
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Die noch ein letztes Mal in endlos-langen, |
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Wildheißen Küssen und in Händedrücken, |
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Die wortlos-bebend alles sagen, schwelgt, |
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Der ganze melancholisch-süße Reiz, |
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Der solche Stunden schmückt, er blieb Dir fremd, |
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Ganz fremd. Nicht einmal eine Ahnung schien |
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Dich heimzusuchen, um Dir einzuraunen, |
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Dass man in solchen Stunden manchesmal |
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Ein wenig traurig ist und thränenlustig. |
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Nein, - unter anmuthfröhlichem Geplauder |
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Erharrtest Du den Zug, der Dich von dannen, |
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Nach Deiner meerumspannten Heimat führe, |
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Zum heißersehnten, sonnenrothen Süden. |
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Graziös und spöttisch elegant entflog |
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In rascher Folge Deinem üppigen Mund |
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Manch' feingeschliffen, witzgetränktes Wort. |
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Da - plötzlich - löstest Du mit rascher Hand |
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Aus Deinem Brustbouquet zwei Tuberosen |
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Und gabst sie mir. Auf Deinem warmgetönten |
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Goldbraunen Antlitz lag ein feines Lächeln, |
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Und Deine hochgeschnittenen Nüstern bebten |
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In leichtem Hohn: »Die beiden Rosen gibst Du |
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Der ersten, die nach mir Dich wieder küsst, |
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Als Liebeszeichen, ja? Doch eile Dich, |
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Verwelkte Rosen kann man nicht verschenken. |
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Und diese blutgefärbte Nelke - hier |
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Aus Deinem Knopfloch - fährt mit mir nach Süden, |
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Und will's der Himmel, kann ich sie noch duftend |
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In eines lieben Freundes Hände legen. |
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Und wenn wir dann, im Meeressand vergraben, |
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Umzittert von des Mondes blassem Gold, |
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In halben Worten, halben Tönen plaudern, |
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Dazwischen wieder auf die Plätscherlaute |
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Der funkenübersäten Wogenkämme |
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Und auf der Winde leises Zischen hören, |
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Dann will ich ihm vom nordischen Exil |
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Und auch von Dir, mein stummer Freund, berichten, |
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Dann sag' ich ihm, dass Du ihn grüßen lässt, |
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Wenn auch ganz unbekannter Weise, sag' ihm |
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Noch manches andere höchstwahrscheinlich, was mir |
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In jenem Augenblick gerade einfällt, |
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Und was ihm Freude macht, wenn er's vernimmt. |
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Und was ich Gutes kann von Dir berichten |
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Und Liebes auch von Dir, das soll er wissen. |
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Und fragt er mich, warum ich fortgelaufen |
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Von einem Menschen, der so nett gewesen, |
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Der mich beinah' geliebt und angebetet, |
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So sag' ich ihm - ... ich weiß es selbst nicht recht: |
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Ich hab' ihn gern gehabt, ich kann's nicht läugnen, |
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Doch schließlich hat man Heimweh', Langeweile, |
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Man lechzt nach neuen, niegeschauten Dingen, |
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Man träumt von alten, schwervermissten wieder. |
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Und dann - die Deutschen sind so ernst und nüchtern, |
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So gründlich und pedantisch! Lachend küssen |
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Und lachend selig sein und lachend lieben, |
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Das wär' ein Deutscher nicht, der das vermöchte. |
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Ich aber brauche Licht und Luft und Glanz, |
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Und wechselvolles, farbenheißes Leben, |
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Und ich will lachen, singen, jauchzen, tanzen |
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Und übermüthig sein; - ich hab' ja Blut, |
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Hellrothes, heißes, tolles Blut im Leibe, |
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Und lieben will ich, wie's mein Herz befiehlt!« |
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Ein harter Glockenanschlag, Hornsignale, |
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Ein schriller Pfiff, - von Deinen Lippen bricht |
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Der wilde Freudenschrei: »Nach Süden geht es!« |
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Und Dein Addio stirbt im Wagenrollen. |
Details zum Gedicht „Ein Abschied“
Felix Dörmann
2
67
440
1870 - 1928
Realismus,
Naturalismus,
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Ein Abschied“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Felix Dörmann. 1870 wurde Dörmann in Wien geboren. In der Zeit von 1886 bis 1928 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus oder Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zu. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das 440 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 67 Versen mit insgesamt 2 Strophen. Weitere Werke des Dichters Felix Dörmann sind „Abbadon triumphans“, „Die Willis“ und „Toni“. Zum Autor des Gedichtes „Ein Abschied“ haben wir auf abi-pur.de weitere 89 Gedichte veröffentlicht.
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