Aus Oseae C. 2. V. 19 von Simon Dach
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Alles ist, O Gott, in dir |
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Überschwänglich, Weißheit, Leben, |
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Freude, Reichthumb, Macht und Zier, |
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Menschen Pracht daneben, |
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Ihr Verstand, Gewalt und Lust |
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Ist nur Wust, |
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Schaum und Schatten eben. |
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Wol der Seelen, welche dich |
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Einig für ihr Theil erwehlet, |
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Und im Glauben inniglich |
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Sich mit dir vermählet! |
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O was Gnüg erdenckt ein Sinn, |
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Was Gewinn, |
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So den Edlen fählet? |
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Weg, O Herrlichkeit der Welt! |
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Weint ihr König' aller Enden, |
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Die das Glück erhaben helt |
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Mit untreuen Händen, |
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Eure Hoheit ist ein Radt |
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Und ein Bladt, |
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Das sich leicht kan wenden. |
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Sie hat Gott das theure Gut, |
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Der giebt ihr sich zu erkennen |
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In der Liebe, daß ihr Muth |
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Gegen ihn muß brennen: |
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Denn in ihm besitzet Sie, |
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Was man je |
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Schönes möchte nennen. |
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Weder Furcht noch Sorge legt |
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Sich in ihrer Liebe Kertzen: |
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Denn sie seinetwegen trägt |
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Mit standhafftem Hertzen |
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Dürfftig, nackt, verachtet seyn, |
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Kranckheit-Pein, |
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Ja auch Todes-Schmertzen. |
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Denn sie weiß bey wem sie hält, |
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Und daß sie von ihm nicht Leyden, |
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Nicht Gewalt, noch Zeit, noch Welt |
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Ewig werde scheiden, |
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Und daß ihrer Trübsahl Lohn |
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Sey die Krohn |
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Aller ewgen Freuden. |
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Sünden-Pracht und Glückes-Schein |
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Tritt sie Himmlisch groß mit Füssen, |
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Ist an Lieb und Glauben rein, |
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Heilig am Gewissen, |
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Darumb Fried und Freud im Geist, |
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Allermeist |
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Sie bedienen müssen. |
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Herr wenn nimbst du mich von mir |
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Und erwehlst mich für den deinen, |
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Daß ich mag in heilger Zier, |
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Stets vor dir erscheinen |
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Und dich, O mein Eigenthumb, |
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Wiederumb |
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Halte für den meinen? |
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Meine krancke Seel ist matt |
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Und verkömbt gantz für Verlangen, |
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Allen Kummer, den sie hat |
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Ist nur dich zu fangen, |
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Und von Welt und Sünden loß, |
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Dir stets bloß |
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Brünstig anzuhangen. |
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Laß mein Hort ohn' unterlaß |
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Mich mit dir vereinigt leben, |
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Wirck in mir der Erden Haß, |
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Daß ich dir ergeben: |
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Keine Lust, darauf die Welt |
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Etwas helt, |
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In mir lasse schweben. |
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Daß ich hab' in Lieb' und Noht |
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Bloß an dir die höchste Freude, |
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Kranckheit, Blösse, Schmach und Todt |
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Gern' und willig leide, |
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Und ist denn mein Stündlein hier, |
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Gar zu dir |
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In mein Erbreich scheide. |
Details zum Gedicht „Aus Oseae C. 2. V. 19“
Simon Dach
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77
340
1605 - 1659
Barock
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Aus Oseae C. 2. V. 19“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Simon Dach. Geboren wurde Dach im Jahr 1605 in Klaipeda (Memel). Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1621 und 1659. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Dach handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Literaturepoche des Barock beginnt etwa 1600 und endet im Jahr 1720. Die wörtliche Übersetzung des portugiesischen Begriffes „barocco“ lautet „schiefrunde Perle“. Der Barock ist durch ein gewichtiges Ereignis geprägt, dem Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648. Durch die ungenügenden sanitären Bedingungen konnten sich Seuchen ausbreiten. Rund dreißig Prozent der Menschen kamen durch den Krieg und grassierenden Seuchen, wie etwa der Pest, ums Leben. Durch die starke Verminderung der Bevölkerung schwächte sich das wirtschaftliche Leben zunehmend ab. Die Erfahrungen mit dem Krieg und seinen dramatischen Folgen spiegeln sich in einem gegensätzlichen (antithetischen) Weltbild wider. Dies entspricht der damaligen Lebenswirklichkeit der Menschen: Das Leben der einfachen Bevölkerung war beeinflusst von bitterer Armut und Pessimismus, während an den Fürstenhöfen nach dem Vorbild des französischen Absolutismus Luxus und Verschwendung herrschten. In der Dichtung wird die Nutzung solcher inhaltlichen Gegensätze als Antithetik bezeichnet. Die am häufigsten benutzten Formen in der Poesie waren das Sonett, die Elegie, das Epigramm und die Ode. Im Barock begannen die Autoren ihre Werke in deutscher Sprache zu verfassen. Die Autoren der Renaissance schrieben noch in lateinischer Sprache. Zu den berühmten Lyrikern der Literaturepoche des Barocks gehören: Martin Opitz, Casper von Lohenstein, Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen, Andreas Gryphius, Caspar Ziegler, Paul Fleming, Angelus Silesius und Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau.
Das 340 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 77 Versen mit insgesamt 11 Strophen. Weitere Werke des Dichters Simon Dach sind „Entschlag dich aller Ding auff Erden“, „Wenn mich in meiner schweren Zeit“ und „Ach Gott wie gnädig hast du doch“. Zum Autor des Gedichtes „Aus Oseae C. 2. V. 19“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 255 Gedichte vor.
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Zum Autor Simon Dach sind auf abi-pur.de 255 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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