Die Meise von Wilhelm Busch

Auguste, wie fast jede Nichte,
Weiß wenig von Naturgeschichte.
Zu bilden sie in diesem Fache,
Ist für den Onkel Ehrensache.
 
Auguste, sprach er, glaub es mir,
Die Meise ist ein nettes Tier.
Gar zierlich ist ihr Leibesbau,
Auch ist sie schwarz, weiß, gelb und blau.
Hell flötet sie und klettert munter
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Am Strauch kopfüber und kopfunter.
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Das härt’ste Korn verschmäht sie nicht,
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Sie hämmert, bis die Schale bricht.
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Mohnköpfchen bohrt sie mit Verstand
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Ein Löchlein in den Unterrand,
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Weil dann die Sämerei gelind
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Von selbst in ihren Schnabel rinnt.
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Nicht immer liebt man Fastenspeisen,
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Der Grundsatz gilt auch für die Meisen.
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Sie gucken scharf in alle Ritzen,
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Wo fette Käferlarven sitzen,
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Und fangen sonst noch Myriaden
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Insekten, die dem Menschen schaden,
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Und hieran siehst du außerdem,
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Wie weise das Natursystem. -
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So zeigt er wie die Sache lag.
 
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Es war kurz vor Martinitag.
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Wer dann vernünftig ist und kann’s
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Sich leisten, kauft sich eine Gans.
 
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Auch an des Onkels Außengiebel
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Hing eine solche, die nicht übel,
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Um, nackt im Freien aufgehangen,
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Die rechte Reife zu erlangen.
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Auf diesen Braten freute sich
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Der Onkel sehr und namentlich
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Vor allem auf die braune Haut,
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Obgleich er sie nur schwer verdaut.
 
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Martini kam, doch kein Arom
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Von Braten spürt der gute Ohm.
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Statt dessen trat voll Ungestüm
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Die Nichte ein und zeigte ihm
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Die Gans, die kaum noch Gans zu nennen,
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Ein Scheusal, nicht zum Wiederkennen,
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Zernagt beinah bis auf die Knochen.
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Kein Zweifel war, wer dies verbrochen,
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Denn deutlich lehrt der Augenschein,
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Es konnten nur die Meisen sein.
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Also ade! du braune Kruste.
 
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Ja, lieber Onkel, sprach Auguste,
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Die gern, nach weiblicher Manier,
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Bei einem Irrtum ihn ertappt:
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Die Meise ist ein nettes Tier.
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Da hast du wieder recht gehabt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.4 KB)

Details zum Gedicht „Die Meise“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
52
Anzahl Wörter
290
Entstehungsjahr
nach 1848
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Meise“ wurde von Wilhelm Busch geschrieben, der am 15. April 1832 geboren wurde und am 9. Januar 1908 verstarb. Das Gedicht kann zeitlich nicht genau eingeordnet werden, da Wilhelm Busch über einen längeren Zeitraum hinweg Gedichte veröffentlichte.

Der erste Eindruck des Gedichts ist humorvoll und spielerisch. Es handelt von einer Nichte namens Auguste, die wenig über Naturgeschichte weiß, und ihrem Onkel, der versucht, ihr etwas über die Meise beizubringen.

In einfachen Worten gesagt, geht es darum, dass der Onkel Augusta über die Meise erzählt. Er beschreibt die Meise als ein nettes, zierliches Tier mit einem bunten Gefieder, das gerne kopfüber und kopfunter am Strauch klettert und hartes Korn zerhackt. Die Meise bohrt auch Löcher in Mohnköpfchen, um an die Samen zu gelangen. Sie sucht nicht nur nach Körnern, sondern auch nach fettigen Käferlarven und anderen Insekten, die dem Menschen schaden. Der Onkel erklärt, dass dies Teil des weisen Natursystems ist.

Dann geht das Gedicht darauf ein, dass der Martinitag naht, an dem traditionell Gans gegessen wird. Der Onkel hat bereits eine Gans vorbereitet, freut sich besonders auf die braune Haut, obwohl er sie schwer verdaut. Doch kurz vor dem Martinitag stellt sich heraus, dass die Gans fast vollständig von Meisen angefressen wurde. Die Nichte erklärt, dass nur die Meisen dafür verantwortlich sein können. Der Onkel akzeptiert dies und gibt zu, dass die Meise ein nettes Tier ist.

Das Gedicht besteht aus sechs Strophen. Die ersten beiden Strophen bestehen aus jeweils vier Versen, die dritte Strophe aus drei Versen, die vierte Strophe aus acht Versen, die fünfte Strophe aus elf Versen und die sechste Strophe aus fünf Versen. Die Strophen haben unterschiedliche Anzahlen von Versen und verleihen dem Gedicht eine rhythmische Struktur.

Die Sprache des Gedichts ist einfach und leicht verständlich. Wilhelm Busch verwendet humorvolle und bildliche Ausdrücke, um die Eigenschaften der Meise zu beschreiben und die Situation mit der angefressenen Gans darzustellen. Der Text enthält auch Reime wie „Gans“ und „Ulkanzas“ oder „nennt“ und „verbrochen“, um den humorvollen Charakter des Gedichts zu betonen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Die Meise“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Wilhelm Busch. Im Jahr 1832 wurde Busch in Wiedensahl geboren. Im Zeitraum zwischen 1848 und 1908 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Wiesbaden u. Berlin. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das Gedicht besteht aus 52 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 290 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Wilhelm Busch sind „Ach, wie geht’s dem Heilgen Vater“, „Als Christus der Herr in Garten ging“ und „Als er noch krause Locken trug“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die Meise“ weitere 208 Gedichte vor.

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