An Olorenen von Johann Christian Günther
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Da sieh nur an, mein Kind, wie grausam mich das Glücke |
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Als keinen auf der Welt in allen Sachen drücke; |
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Es gab dich mir zu sehn, es gab mir deinen Kuß, |
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Und mitten in der Lust, im Anfang unsrer Flammen, |
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Reißt uns sein harter Schluß |
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Durch einen Streich vonsammen, |
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Der dich in Unruh sezt und mich beschämen muß. |
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Es scheint zwar etwas viel, drei Tag einander kennen |
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Und in drey Tagen schon von gleichem Zunder brennen, |
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Dies scheint dem Pöbel viel, doch wundert mich es nicht; |
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Denn Lieben ist ein Bund getreu- und edler Herzen, |
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Die durch der Augen Licht |
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Sogleich verbindlich scherzen, |
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Sobald die Ähnligkeit der Geister auswärts bricht. |
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Frag dich nur selber aus, so wirstu mich ergründen, |
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Besuche dich genau, du wirst mein Herz schon finden, |
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Da, wo die Ros und Schnee den vollen Busen deckt. |
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Auch dein Herz fing ich bald mit halb erstohlnen Küßen, |
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O zärtliches Confect, |
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Davon du selbst wirst wißen, |
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Wie kräftig und wie gut es auch im Schlafe schmeckt. |
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Das Drücken schöner Hand ergözt mir noch die Sinnen; |
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Der Vorwiz saß dabey und ward es doch nicht innen, |
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Wenn unsrer Finger Scherz die stumme Sehnsucht wies. |
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So schön entzückt uns kaum der Morgenröthe Prangen, |
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So schön kein Paradies |
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Als damahls deine Wangen, |
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Da sich mein fauler Geist dein Mäulchen wecken lies. |
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O Lust voll Eitelkeit! So flüchtig sind die Sachen, |
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Woraus wir Sterblichen ein himmlisch Glücke machen; |
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Der vierte Mittag kommt, so heist es: Gute Nacht. |
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Wie mir zu Muthe sey, das wirstu selbst wohl fühlen. |
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Wer hätte dies gedacht, |
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Daß so ein kurzes Spielen |
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So viele Seelenangst und bange Sehnsucht macht. |
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Ach, könt ich dir mein Leid in Bildern überschicken, |
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Ach, hätt ich deinen Kuß, wie würd er mich erquicken, |
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Da Hize, Weg und Sand den müden Cörper quält! |
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Vor Schwermuth hab ich schon in Wiesen, Thal und Heiden |
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Den rechten Weg verfehlt |
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Und dies mein strenges Leiden |
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Den Sträuchen und der Luft und mehr mir selbst erzehlt. |
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Bleib, Olorene, bleib, so wie ich dich gefunden, |
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Ich meine klug und treu, und reiß die Abschiedswunden |
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Dir doch nicht gar zu oft durch blöden Kummer auf. |
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Soll unsre Freude blühn, so wird es sich schon finden; |
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Du siehst des Wetters Lauf: |
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Bey so viel Näß und Winden |
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Verzagte fast die Welt, jezt folgt der Sommer drauf. |
Details zum Gedicht „An Olorenen“
Johann Christian Günther
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49
383
1695 - 1723
Barock
Gedicht-Analyse
Der Autor des Gedichtes „An Olorenen“ ist Johann Christian Günther. Geboren wurde Günther im Jahr 1695 in Striegau. Im Zeitraum zwischen 1711 und 1723 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Barock zuordnen. Bei Günther handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Der die Jahre 1600 bis 1720 umfassende Zeitraum gilt als Epoche der Barockliteratur, die sich im deutschen Sprachraum während und nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) entfaltete. Als Bezeichnung der Epoche wird das aus dem Portugiesischen stammende Wort „Barock“ erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts genutzt. Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) hat die Literaturepoche des Barocks stark geprägt. Der Krieg war eine Katastrophe von einem Ausmaß, das kaum vorstellbar ist. Die Bevölkerung litt unter den Kämpfen, Hungersnöten und vorwiegend unter der Pest, an der viele Menschen starben. Die Bevölkerungszahl Deutschlands ging um etwa ein Drittel zurück. Die Lyrik des Barocks ist vorwiegend von drei Leitmotiven (Memento mori, Vanitas, Carpe diem) beeinflusst, die die Lebenseinstellung der Bevölkerung beschreiben. Vor dem geschichtlichen Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges war das Leben der Bevölkerung von Gewalt und Zerstörung beeinflusst. Alle genannten Motive setzen sich auf verschiedene Weise mit der weitverbreiteten Angst vor dem Tod und seinen Auswirkungen auseinander. Die Epoche des Barocks vollzog einen Wandel von lateinischer zu deutschsprachiger Literatur. Die bedeutendste Literaturform der Epoche war dabei die Dichtkunst. Das Sonett war die häufigste Form eines Gedichts, die Verwendung fand. Im Zeitalter des Barocks war der überwiegende Teil der Literatur Gelegenheitsdichtung. Man dichtete bei Hofe als Fürstenhuldigung oder zur gehobenen Unterhaltung. Für den wohlhabenden Bürger schrieben Lyriker zum Anlass von Taufen, Beerdigungen oder Hochzeiten. Die Dichtung im Barock wird deswegen auch Gesellschaftsdichtung genannt.
Das 383 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 49 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Christian Günther sind „Was man von galanten Kindern“, „Ich will lachen, ich will scherzen“ und „Gedacht und auch geschehn. Ihr Pierinnen lacht“. Zum Autor des Gedichtes „An Olorenen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 264 Gedichte veröffentlicht.
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