Der verliebte Kummer von Johann Christian Günther
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Die Liebe weckt an diesem Morgen |
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Den Kummer der verliebten Sorgen |
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Mit mir gar zeitig wieder auf; |
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Die Seufzer wachen in dem Munde, |
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Die Thränen suchen aus dem Grunde |
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Des Herzens ihren alten Lauf. |
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Die Schmiedin meiner süßen Kette |
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Zieht meine Faulheit aus dem Bette, |
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In welchem sie der Schlaf noch wiegt. |
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Ihr Auge schläft, ich aber weine, |
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Die Einsamkeit sizt auf dem Steine, |
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Der mir an meinem Herzen liegt. |
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Ach, denck ich, bringt dies nahe Scheiden |
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Von ihrer Brust ein solches Leiden, |
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Da nur ein Zimmer uns zertrennt, |
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Wer wird doch meine Wunden heilen, |
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Wenn Land und Luft uns einmahl theilen |
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Und Schweidniz mir kein Brodt mehr gönnt? |
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Die Zähren mühn sich, meinen Klagen |
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Mit stummer Sprache nachzusagen, |
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Allein die Angst vertrocknet sie. |
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Ach, wem vertrau ich diesen Jammer? |
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Der freyen Luft, der tauben Kammer, |
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Und beides ist vergebne Müh. |
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Die Redligkeit von deinem Herzen, |
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Getreues Kind, bringt meinen Schmerzen |
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Die Heimligkeit der schweren Noth; |
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Mich deucht, die Last wird halb so leichte, |
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So bald ich dir den Kummer beichte, |
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Der mir den lezten Abschied droht. |
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Schnidt ich mein Elend in die Rinden, |
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Erzehlt ich es den sanften Winden, |
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So seh ich überall Gefahr: |
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Dort kan der Vorwiz scheeler Augen |
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Bald Nahrung zu der Misgunst sauge |
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Hier macht es Echo ofenbahr. |
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Von dir weis ich, verschwiegne Seele, |
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Daß deine Zunge stets verheele, |
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Was dir ein guter Freund vertraut; |
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Ich suche Trost, las mein Begehren |
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Der Unschuld diesen Wuntsch gewähren |
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Der jezt auf deine Großmuth baut. |
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Erfülle, was ich such und glaube, |
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Erbarme dich der flüchtgen Taube, |
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Die deine Schoos zur Freystatt wehlt; |
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Sie kümmert sich um ihren Gatten |
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Und sucht in deiner Bäume Schatten |
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Die Ruh, so ihr zu Hause fehlt. |
Details zum Gedicht „Der verliebte Kummer“
Johann Christian Günther
8
48
282
1695 - 1723
Barock
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Der verliebte Kummer“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Christian Günther. Günther wurde im Jahr 1695 in Striegau geboren. In der Zeit von 1711 bis 1723 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Barock zuordnen. Bei Günther handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Barock stammt vom portugiesischen Wort „barroco“ ab und bedeutet „schiefrunde Perle“. Die Bezeichnung für barock im Sinne eines Adjektivs wurde anfänglich abwertend gebraucht. Der Begriff Barock als Epochenbezeichnung konnte sich erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts durchsetzen und gibt der Literaturepoche im Zeitraum zwischen 1600 und 1720 den Namen. Der Dreißigjährige Krieg gilt als das maßgebende Bezugselement des Barocks. Der Dreißigjährige Krieg hinterließ ein wirtschaftlich, politisch und kulturell verfallenes Deutsches Reich. Aufgrund der Auseinandersetzungen wurden ganze Landstriche entvölkert. Es wurden Tod, Gewalt und Zerstörung zum Teil des Alltags der Menschen. Schwere Hungersnöte und Seuchen, wie die Pest, verschlimmerten die Situation der Bevölkerung weiter. Allein der Ausbruch der Pest reduzierte die Bevölkerung um ein Drittel. Der Barock in der Literaturgeschichte wurde von Gegensätzen geprägt. Dabei standen hauptsächlich das Diesseits und das Jenseits oder der Schein und das Sein im Mittelpunkt der barocken Dichtung. Von Gegensätzen gezeichnet war auch das Leben der Bevölkerung. So lebte der überwiegende Teil der Bevölkerung in Armut, Adelige hingegen lebten einen luxuriösen und verschwenderischen Lebensstil. Die Epoche des Barocks vollzog einen Wandel von lateinischer zu deutscher Literatur. Die bedeutendste Literaturform des Barocks war dabei die Lyrik. Das Sonett war die häufigste Form eines Gedichts, die Verwendung fand. Herausragende Vertreter des Barocks waren unter vielen anderen: Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau, Martin Opitz, Andreas Gryphius, Christian Weise und Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen.
Das 282 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 48 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Der Dichter Johann Christian Günther ist auch der Autor für Gedichte wie „Abendlied“, „Rosen“ und „So aber sucht man ihm die Wege vorzuschreiben“. Zum Autor des Gedichtes „Der verliebte Kummer“ haben wir auf abi-pur.de weitere 264 Gedichte veröffentlicht.
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