Scherzhafte Gedancken über die Rosen von Johann Christian Günther

An Rosen such ich mein Vergnügen,
An Rosen, die die Herzen ziehn,
An Rosen, die den Frost besiegen
Und hier das ganze Jahr durch blühn,
An Rosen, die wir bey den Linden,
Sonst nirgends leicht so reizend finden.
 
Man lobt die bräunlichen Violen,
Sie sind auch ihres Lobes werth;
Doch weil sie nur die Kinder holen,
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So bin ich nicht vor sie erklärt
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Und wehle mir die holden Strahlen,
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Womit die vollen Rosen prahlen.
 
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Erhebt mir nicht die Kaysercronen,
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Die sonder Kraft und Balsam sind;
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Entfernt euch mit den Anemonen,
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Ihr Nahm und Ruhm ist nichts als Wind;
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Narcissen sind im besten Lande
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Ein Abriß von dem Unbestande.
 
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Die Rose trägt das Blut der Götter
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Und ist der Blumen Königin,
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Ihr Antliz sticht das schönste Wetter
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Und selbst Aurorens Wangen hin,
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Sie ist ein Stern der milden Erden
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Und kan von nichts verfinstert werden.
 
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Die Ros erquickt die blöden Sinnen
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Und hat das beste Zuckerrohr;
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Ihr göldner Umfang bricht von innen
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So wie die Sonn aus Nacht hervor;
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Die Rose nährt die süßen Triebe
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Und reizt die Liebe selbst zur Liebe.
 
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Mit Rosen schmück ich Haupt und Haare,
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Die Rosen tauch ich in den Wein,
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Die Rose soll vor meine Jahre
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Die allerbeste Stärckung seyn,
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Die Rose zieret meine Flöthen
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Und crönt mich mächtigen Poeten.
 
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Auf Rosen mach ich gute Reime,
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Auf Rosen schläfet meine Brust,
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Auf Rosen hab ich sanfte Träume
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Von still- und warm- und weicher Lust,
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Und wenn ich einst von hinnen fahre,
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So wüntsch ich Rosen auf die Baare.
 
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O dörft ich nur bey einer Rose
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Wie Bienen Honig naschen gehn!
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Ich ließe warlich unserm Bose
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Den schön- und theuren Garthen stehn
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Und wollt es mir bald angewöhnen,
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Mich nie nach fremder Kost zu sehnen.
 
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Mit dieser Rose will ich scherzen,
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Und hier erschröckt mich nicht der Dorn;
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Denn bey verliebt- und schönen Herzen
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Ergözt uns oft ein kleiner Zorn,
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Und so viel Anmuth abzubrechen,
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Verachtet man ein kurzes Stechen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Scherzhafte Gedancken über die Rosen“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
54
Anzahl Wörter
324
Entstehungsjahr
1695 - 1723
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Johann Christian Günther ist der Autor des Gedichtes „Scherzhafte Gedancken über die Rosen“. Geboren wurde Günther im Jahr 1695 in Striegau. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1711 und 1723. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Barock zu. Günther ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Als Literatur des Barocks wird in der deutschen Geschichte der Literatur seit dem Jahr 1800 die literarische Produktion in Europa im Zeitraum zwischen etwa 1600 und 1720 bezeichnet und folgt auf die Epoche der Renaissance und des Humanismus. Der Begriff „Barock“ stammt aus dem Portugiesischen und bedeutet so viel wie seltsam geformte, schiefrunde Perle. Die Zeit des Barocks wurde durch den Dreißigjährigen Krieg stark beeinflusst – Hunger, Seuchen (insbesondere die Pest), Vergewaltigung und Tod sorgten für großes Elend bei den Menschen in Europa. So schrumpfte die Bevölkerung in Deutschland von etwa 28 Millionen im Jahr 1615 auf 11 Millionen Menschen am Ende des Krieges im Jahr 1648. Es herrschte in der Literaturepoche des Barocks ein antithetisches (also gegensätzliches) Weltbild. Luxus und Verschwendung des Adels standen Armut und Leid innerhalb der einfachen Bevölkerung gegenüber. Die Literatur im Barock war ebenso gekennzeichnet von thematischen Widersprüchen. Jenseits und Diesseits standen sich ebenso gegenüber wie Ernst und Spiel oder etwa Sein und Schein. Im Zeitalter des Barocks löste die deutsche Sprache das Lateinische ab. Da innerhalb der Zeit des Barocks der Wohlklang und die äußere Ästhetik eines literarischen Werkes eine große Rolle spielten, war die bevorzugte Literaturform jener Zeit das Gedicht. In den Gedichten wurden sehr gerne Symbole, Metaphern und Hyperbolik (Übertreibung) verwendet.

Das 324 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 54 Versen mit insgesamt 9 Strophen. Johann Christian Günther ist auch der Autor für Gedichte wie „Kein Schulpferd ist so gut zum Springen abgericht“, „Was man von galanten Kindern“ und „Ich will lachen, ich will scherzen“. Zum Autor des Gedichtes „Scherzhafte Gedancken über die Rosen“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 264 Gedichte vor.

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