An seine Schöne von Johann Christian Günther

Nun Kind, ich kan dich nicht mehr bitten,
Behalt mein Herz in treuer Brust.
Das Denckmahl deiner muntren Sitten
Erweckt mir auch von weiten Lust,
Und wo ich reise, wohn und bin,
Da folgt mir dein Gedächtnüß hin.
 
Ein Waldhorn klingt bey Abendstunden
Von weiten durch die Gärthen schön,
Es reizt das Blut verliebter Wunden
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Und läst die Geister flüchtig gehn;
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Jedoch ergözt mich das Gehör
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Von deinem Wohlseyn noch viel mehr.
 
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Das Glücke spielt mir tausend Poßen
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Und lockt mich auf des Hofes Eiß,
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Ich folg ihm klug und unverdroßen,
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So gut ich seine Tücke weis;
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Die Vorsicht leite, wie sie will,
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Ich halt in allen Wettern still.
 
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Die Gegend, wo ich jezund dichte,
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Ist einsam, schatticht, kühl und grün;
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Hier hör ich bey der schlancken Fichte
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Den sanften Wind nach Leipzig ziehn
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Und geb ihm allzeit brünstiglich
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Viel tausend heiße Küß an dich.
 
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Hier kan ich mich der Zeit bequemen,
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Hier ist mir Still und Ort geneigt,
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Die große Rechnung vorzunehmen,
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Wie viel mir Leipzig Guts erzeigt;
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Doch alles, was ich schäzen kan,
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Das kömmt auf deinen Umgang an.
 
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Erinnre dich der ersten Küße,
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Die niemand als der Schatten sah;
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Sie machten mir die Äpfel süße;
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Ach, wäre doch die Zeit noch da!
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Gedenck an Pfeifers Schlafgemach
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Und zehle dort die Wollust nach.
 
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Der Umgang wurd uns sonst verbothen,
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Wir suchten die geheimste Bahn,
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Wir riefen die verwandten Todten
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Zu Zeugen unsrer Freundschaft an
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Und ließen bey verschwiegner Pein
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Den Kirchhof unsre Freystatt seyn.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.9 KB)

Details zum Gedicht „An seine Schöne“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
42
Anzahl Wörter
246
Entstehungsjahr
1719
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „An seine Schöne“ des Autors Johann Christian Günther. Der Autor Johann Christian Günther wurde 1695 in Striegau geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1719 zurück. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Bei Günther handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Epoche des Barocks erstreckt sich über den Zeitraum von 1600 bis 1720. Die Begrifflichkeit „Barock“ leitet sich vom portugiesischen Wort „barocco“ ab und bedeutet so viel wie „schiefrunde, unregelmäßige Perle“. Die Zeit des Barocks wurde durch den Dreißigjährigen Krieg geprägt – Hunger, Seuchen, Vergewaltigung und Tod sorgten für großes Elend bei der Bevölkerung Europas. So dezimierte sich die Bevölkerung im Deutschen Reich von ca. 28 Millionen im Jahr 1615 auf 11 Millionen Menschen am Ende des Krieges im Jahr 1648. Vornehmlich Pest und Krieg in der Zeit des Barocks zeigen auch ein prägendes Merkmal auf: der Gegensatz. Zum einen Armut, Elend und Tod, zum anderen Prunk, Glanz und Macht. So lebte die normale Bevölkerung in größtenteils bitterer Armut, während Adelige einen verschwenderischen Lebensstil bevorzugten. In der Lyrik des Barocks trat das Deutsche an die Stelle des Lateinischen, welches die Sprache der wichtigsten deutschen Dichter im 16. Jahrhundert gewesen war. Dennoch war auch weiterhin die Elite Träger der Literatur. Wichtige Autoren für die Zeit des Barocks waren etwa: Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau, Martin Opitz, Andreas Gryphius, Christian Weise und Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 246 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 42 Versen. Johann Christian Günther ist auch der Autor für Gedichte wie „Rosen“, „So aber sucht man ihm die Wege vorzuschreiben“ und „Der Unruh wird noch mehr, wenn Wieg- und Nahmenfest“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An seine Schöne“ weitere 264 Gedichte vor.

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