Ode an seine harte Schöne von Johann Christian Günther

O geh nur, harter Sinn, begieb dich außer Landes,
Fleuch an das Eußerste des kalten Cymberstrandes,
Fleuch hin, wo Sonn und Tag des Jahres einmahl wacht,
Du solt mich folgen sehn, und wenn mich Frost und Klagen
Vor deiner Thür erstickt, mit schwerem Herzen sagen:
Das hätt ich nicht gedacht.
 
Allein, verstocktes Herz, das läst sich leicht gedencken,
Du hörest Tag und Nacht mein ungewöhnlich Kräncken,
Du siehst mich schwach und blos vor Haus und Fenster stehn,
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Der Nordwind pfeift ums Dach und heulet in den Linden,
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Ich lieg auf Eiß und Schnee, die mehr als du empfinden
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Und selbst vor Leid zergehn.
 
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Ach, grausam schönes Kind, ach las den Hochmuth fahren,
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Die Lieb ist Stolzen gram und stürzt sie mit den Jahren,
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Es ist noch kurze Zeit, so wendet sich das Blat;
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Du folgst Penelopen, ja, folg ihr auch am Stande,
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Die wegen seiner Höh und ihres Ehherrn Schande
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Zu halten Ursach hat.
 
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Denn ob gleich, gutes Kind, die Klug- und Schönheitsgaben
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Der Mutter aller Welt dein Herz bereichert haben,
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Obgleich kein heißes Flehn dies Herz in Feßel bringt,
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Obgleich dein Angesicht im ersten Lenze grünet
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Und Kunst und Wißenschaft, so treu sie dich bedienet,
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Nur tauben Ohren singt:
 
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So spotte darum nicht, du solt es näher geben,
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Es bleibt nicht immer so, ich will es wohl erleben,
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Daß Iris, die jezt lacht, sich selber strafen soll;
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Wie manche ward vor dir von Freyern hochgepriesen!
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Jezt macht ihr Schimpf den Korb, mit dem sie viel verwiesen,
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An Flederwischen voll.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.7 KB)

Details zum Gedicht „Ode an seine harte Schöne“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
250
Entstehungsjahr
1695 - 1723
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Ode an seine harte Schöne“ des Autors Johann Christian Günther. Geboren wurde Günther im Jahr 1695 in Striegau. Das Gedicht ist in der Zeit von 1711 bis 1723 entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Bei Günther handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Der Barock umfasst die Zeit von 1600 bis 1720. Die wörtliche Übersetzung des portugiesischen Wortes „barocco“ lautet „unregelmäßig geformte Perle“. Die Bevölkerung Europas entwickelte sich nach dem Dreißigjährigen Krieg in verschiedene Richtungen. Der Krieg stellte ein besonders prägendes Ereignis dar. Aber auch die Pest übte einen starken Einfluss auf die Verhältnisse der damaligen Zeit aus. Die Dichter betrachteten in ihren Werken die Gegensätze in nahezu allen Lebensbereichen. Dies bezeichnet man auch als Antithetik. Thematisch folgten die Dichter der Antithetik und stellten in ihren Werken Gegensätze in den Vordergrund – etwa Diesseits und Jenseits, Schein und Sein oder Verfall und Blüte. Im Zeitalter des Barocks löste die deutsche Sprache das Lateinische ab. Die meisten Autoren gehörten dem Gelehrtenstand an: Theologen, Akademiker, Adelige und Beamte. Berühmte Dichter des Barocks sind beispielsweise Martin Opitz, Andreas Gryphius, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau, Daniel Caspar von Lohenstein und Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen.

Das Gedicht besteht aus 30 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 250 Worte. Der Dichter Johann Christian Günther ist auch der Autor für Gedichte wie „Der Unruh wird noch mehr, wenn Wieg- und Nahmenfest“, „Warum man mich in keiner Kirche sieht?“ und „Kein Schulpferd ist so gut zum Springen abgericht“. Zum Autor des Gedichtes „Ode an seine harte Schöne“ haben wir auf abi-pur.de weitere 264 Gedichte veröffentlicht.

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