An Leonoren von Johann Christian Günther
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Mein Kummer weint allein um dich, |
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Mit mir ist's so verloren, |
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Die Umständ überweisen mich, |
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Ich sey zur Noth gebohren. |
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Ach, spare Seufzer, Wuntsch und Flehn, |
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Du wirst mich wohl nicht wiedersehn |
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Als etwan in den Auen, |
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Die Glaub und Hofnung schauen. |
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Vor diesem, da mir Fleiß und Kunst |
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Auf künftig Glücke blühte |
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Und mancher sich um Günthers Gunst |
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Schon zum Voraus bemühte, |
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Da dacht ich, wider Feind und Neid |
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Die Palmen der Beständigkeit |
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Mit selbst erworbnem Seegen |
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Dir noch in Schoos zu legen. |
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Der gute Vorsaz geht in Wind; |
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Ich soll im Staube liegen |
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Und als das ärmste Findelkind |
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Mich unter Leuten schmiegen. |
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Man läst mich nicht, man stöst mich gar |
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Noch stündlich tiefer in Gefahr |
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Und sucht mein schönstes Leben |
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Der Marter preiszugeben. |
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So wird auch wohl mein Alter seyn; |
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Ich bin des Klagens müde |
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Und mag nichts mehr gen Himmel schreyn |
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Als: Herr, nun las im Friede! |
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Kraft, Muth und Jugend sind fast hin, |
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Daher ich nicht mehr fähig bin, |
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Durch auserlesne Sachen |
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Mir Gut und Ruhm zu machen. |
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Nimm also, liebstes Kind, dein Herz, |
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O schweres Wort, zurücke |
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Und kehre dich an keinen Schmerz, |
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Womit ich's wiederschicke; |
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Es ist zu edel und zu treu, |
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Als daß es mein Gefehrte sey |
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Und wegen fremder Plage |
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Sein eignes Heil verschlage. |
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Du kanst dir durch dies theure Pfand |
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Was Köstlichers erwerben, |
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Mir mehrt es nur den Jammerstand |
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Und läst mich schwerer sterben; |
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Denn weil du mich so zärtlich liebst |
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Und alles vor mein Wohlseyn giebst, |
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So fühl ich halbe Leiche |
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Auch zweyfach scharfe Streiche. |
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Ich schwur vor diesem: Nur der Tod, |
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Sonst soll uns wohl nichts trennen; |
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Verzeih es jezo meiner Noth, |
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Die kan ich dir nicht gönnen; |
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Ich liebe dich zu rein und scharf, |
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Als daß ich noch begehren darf, |
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Daß Lorchen auf der Erde |
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Durch mich zur Wittwen werde. |
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So brich nur Bild und Ring entzwey |
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Und las die Briefe lodern; |
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Ich gebe dich dem ersten frey |
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Und habe nichts zu fodern. |
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Es küße dich ein andrer Mann, |
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Der zwar nicht treuer küßen kan, |
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Jedoch mit größerm Glücke |
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Dein würdig Brautkleid schmücke. |
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Vergiß mich stets und schlag mein Bild |
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Von nun an aus dem Sinne; |
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Mein leztes Wüntschen ist erfüllt, |
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Wofern ich dies gewinne, |
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Daß mit der Zeit noch jemand spricht: |
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Wenn Philimen die Ketten bricht, |
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So sind's nicht Falschheitstriebe, |
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Er hast sie nur aus Liebe. |
Details zum Gedicht „An Leonoren“
Johann Christian Günther
9
72
389
1695 - 1723
Barock
Gedicht-Analyse
Johann Christian Günther ist der Autor des Gedichtes „An Leonoren“. Im Jahr 1695 wurde Günther in Striegau geboren. Im Zeitraum zwischen 1711 und 1723 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Bei Günther handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Epoche des Barocks dauerte von etwa 1600 bis 1720 an. Das Wort „Barock“ leitet sich vom portugiesischen Wort „barocco“ ab und bedeutet „seltsam geformte Perle“. Die Literaturepoche des Barocks ist durch ein bedeutendes Ereignis geprägt, dem Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648. Durch die schlechten sanitären Bedingungen konnten sich Seuchen ausbreiten. Rund ein Drittel der Menschen kamen durch den Krieg und sich ausbreitenden Seuchen, wie etwa der Pest, ums Leben. Durch die immense Verminderung der Bevölkerung erlahmte das wirtschaftliche Leben zunehmend. Vornehmlich Krieg und Pest in der Literaturepoche des Barocks zeigen auch ein markantes Merkmal auf: der Gegensatz. Zum einen Armut, Elend und Tod, zum anderen Macht, Prunk und Glanz. So lebte die normale Bevölkerung in Armut, während Adelige einen protzigen Lebensstil bevorzugten. In der Barockliteratur löste die deutsche Sprache das Lateinische ab. Im Barock war der überwiegende Teil der Literatur Gelegenheitsdichtung. Man schrieb zur gehobenen Unterhaltung oder bei Hofe zur Huldigung der Fürsten. Für den wohlhabenden Bürger schrieben Lyriker für Taufen, Beerdigungen, Hochzeiten. Die Dichtung im Barock wird deswegen auch als Gesellschaftsdichtung bezeichnet.
Das Gedicht besteht aus 72 Versen mit insgesamt 9 Strophen und umfasst dabei 389 Worte. Weitere Werke des Dichters Johann Christian Günther sind „Am Abend“, „Abendlied“ und „Rosen“. Zum Autor des Gedichtes „An Leonoren“ haben wir auf abi-pur.de weitere 264 Gedichte veröffentlicht.
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