Studentenlied von Johann Christian Günther

Müdes Herz,
Las den Schmerz
Mit dem Athem fahren!
Lebstu doch
Jezo noch
In den besten Jahren.
Thoren dencken vor der Zeit
An die Nacht der Eitelkeit;
Gnug, wenn uns das Alter zwingt
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Und den Kummer mit sich bringt.
 
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Alle Noth,
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Die uns droht,
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Kommt von eignem Wahne;
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Daß das Weh
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Bald vergeh,
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Bohrt man nicht im Zahne.
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Unser mürrischer Verdruß
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Ist wie ein gesalzner Fluß,
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Der, je mehr man Thränen reizt,
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Wang und Auge schärfer beizt.
 
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Brüder, wir
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Sind jezt hier,
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Und wer weis wie lange?
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Jeder Schritt
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Ist ein Tritt
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Zu dem lezten Gange.
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Nehmt die Wollust zum Voraus
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Und besucht das Freudenhaus,
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Eh ein ungewißer Tag
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Uns der Baare liefern mag.
 
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Glaubt doch nur,
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Epicur
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Macht die klügsten Weisen;
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Die Vernunft
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Seiner Zunft
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Sprengt die Foltereisen,
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Die der Aberglaube stählt,
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Wenn er schlechte Seelen quält
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Und des Pöbels blöden Geist
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In die Nacht des Irrthums reißt.
 
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Diese Nacht
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Giebt uns Macht,
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Franck und frey zu leben.
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Jeder Stern
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Sieht es gern,
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Daß wir Feuer geben;
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Unsre Büchsen sind zwar Thon,
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Aber sie verjagen schon
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Aller Grillen starckes Heer,
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Wenn es noch so heftig wär.
 
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Nehmt doch wahr,
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Wie sogar
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Todte Kräuter lehren!
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Last uns noch,
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Last uns doch
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Ihre Warnung hören!
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So verfliegt der sachte Rauch,
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So verfliegt das Leben auch,
59 
Und die Asche mahlet hier
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Unsers Leichnahms Bildnüß für.
 
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Nun wohlan,
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Nehmt doch an!
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Hier ist Engelländer,
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Deßen Dampf
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Trozt den Kampf
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Aller Tobacksschänder.
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Kostet auch den Wurzner Saft!
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Gerstenblut macht Brüderschaft;
69 
Treu und ofenherzig seyn
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Flöst mit diesen Strömen ein!
 
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Dieser Schlung,
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Dieser Trunck
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Geht auf das Vergnügen
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Derer, die
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Schoos und Knie
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Fein gemächlich fügen.
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Fort, ihr Brüder, trinckt und schreyt,
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Weil ihr noch in Leipzig seyd
79 
Und man in der schönen Stadt
80 
Doch kein ewig Leben hat.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (29.6 KB)

Details zum Gedicht „Studentenlied“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
80
Anzahl Wörter
294
Entstehungsjahr
1695 - 1723
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Johann Christian Günther ist der Autor des Gedichtes „Studentenlied“. Der Autor Johann Christian Günther wurde 1695 in Striegau geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1711 bis 1723 entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Günther handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die europäische Stilepoche des 17. und 18. Jahrhunderts, die wir heute als Barock bezeichnen, leitet sich aus dem Portugiesischen ab. Das portugiesische Wort stammt ursprünglich aus dem Juwelierhandwerk und heißt auf Deutsch „schiefrunde, unregelmäßige Perle“. Mit dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) erlebte Deutschland einen wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Verfall. Etwa ein Drittel der Bevölkerung kam in der Zeit ums Leben. Dafür waren nicht etwa hohe Verluste im Krieg verantwortlich, sondern das Wüten der Pest in fast allen Städten des Deutschen Reiches. Die Literatur im Barock ist beeinflusst von der Antithetik. Das heißt, die Menschen der damaligen Zeit nahmen ihre Welt als gegensätzlich und widersprüchlich war. Das Leben der einfachen Bevölkerung war von Armut geprägt. An den Fürstenhöfen herrschten Verschwendung und Luxus. Die am häufigsten benutzten Formen in der Lyrik waren das Sonett, die Ode, die Elegie und das Epigramm. Im Zeitalter des Barocks begannen die Autoren ihre Werke in deutscher Sprache zu verfassen. Die Autoren der Renaissance verfassten ihre Werke noch in lateinischer Sprache. Zu den berühmten Autoren des Barocks zählen beispielsweise: Martin Opitz, Casper von Lohenstein, Andreas Gryphius, Grimmelshausen, Paul Fleming, Caspar Ziegler, Angelus Silesius und Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau.

Das 294 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 80 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Christian Günther sind „Ich will lachen, ich will scherzen“, „Gedacht und auch geschehn. Ihr Pierinnen lacht“ und „Brich an, erfreutes Licht, las deine Freudenstunden“. Zum Autor des Gedichtes „Studentenlied“ haben wir auf abi-pur.de weitere 264 Gedichte veröffentlicht.

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