Lob des Winters von Johann Christian Günther
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Verzeiht, ihr warmen Frühlingstage, |
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Ihr seyd zwar schön, doch nicht vor mich. |
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Der Sommer macht mir heiße Plage, |
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Die Herbstluft ist veränderlich; |
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Drum stimmt die Liebe mit mir ein: |
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Der Winter soll mein Frühling seyn. |
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Der Winter zeigt an seinen Gaben |
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Die Schäze gütiger Natur, |
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Er kan mit Most und Äpfeln laben, |
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Er stärckt den Leib und hilft der Cur, |
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Er bricht die Raserey der Pest |
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Und dient zu Amors Jubelfest. |
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Der Knaster schmeckt bey kaltem Wetter |
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Noch halb so kräftig und so rein, |
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Die Jagd ergözt der Erden Götter |
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Und bringt im Schnee mehr Vortheil ein, |
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Der freyen Künste Ruhm und Preis |
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Erhebt sich durch den Winterfleiß. |
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Die Zärtligkeit der süßen Liebe |
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Erwehlt vor andern diese Zeit; |
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Der Zunder innerlicher Triebe |
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Verlacht des Frostes Grausamkeit; |
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Das Morgenroth bricht später an, |
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Damit man länger küßen kan. |
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Der Schönen in den Armen liegen, |
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Wenn draußen Nord und Regen pfeift, |
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Macht so ein inniglich Vergnügen, |
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Dergleichen niemand recht begreift, |
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Er habe denn mit mir gefühlt, |
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Wie sanfte sich's im Finstern spielt. |
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Da ringen die getreuen Armen |
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Mit Eintracht und Ergözligkeit, |
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Da laßen sie den Pfiehl erwarmen, |
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Den oft ein falsches Dach beschneit, |
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Da streiten sie mit Kuß und Biß |
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Und wüntschen lange Finsternüß. |
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Das Eiß beweist den Hofnungsspiegel, |
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Der viel entwirft und leicht zerfällt; |
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Ich küße den gefrornen Riegel, |
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Der mir Amanden vorenthält, |
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So oft mein Spiel ein Ständchen bringt |
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Und Sayth und Flöthe schärfer klingt. |
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Ich zieh den Mond- und Sternenschimmer |
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Dem angenehmsten Tage vor; |
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Da heb ich oft aus meinem Zimmer |
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Haupt, Augen, Herz und Geist empor, |
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Da findet mein Verwundern kaum |
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In diesem weiten Raume Raum. |
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Euch Brüder hätt ich bald vergeßen, |
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Euch, die ihr nebst der deutschen Treu |
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Mit mir viel Nächte durch geseßen; |
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Sagt, ob wo etwas Beßres sey, |
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Als hier bey Pfeifen und Camin |
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Die Welt mitsamt den Grillen fliehn. |
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Der Winter bleibt der Kern vom Jahre, |
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Im Winter bin ich munter dran, |
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Der Winter ist ein Bild der Baare |
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Und lehrt mich leben, weil ich kan; |
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Ihr Spötter redet mir nicht ein; |
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Der Winter soll mein Frühling seyn. |
Details zum Gedicht „Lob des Winters“
Johann Christian Günther
10
60
343
1695 - 1723
Barock
Gedicht-Analyse
Der Autor des Gedichtes „Lob des Winters“ ist Johann Christian Günther. 1695 wurde Günther in Striegau geboren. Zwischen den Jahren 1711 und 1723 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Barock zuordnen. Bei Günther handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Der die Jahre 1600 bis 1720 umfassende Zeitraum gilt als Literaturepoche des Barocks, die sich im deutschen Sprachraum während und nach dem Dreißigjährigen Krieg entfaltete. Der Dreißigjährige Krieg begann 1618 und endete im Jahr 1648. Als Epochenbezeichnung wird das aus dem Portugiesischen stammende Wort „Barock“ erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts genutzt. Mit dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) erlebte das Deutsche Reich einen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Verfall. Etwa ein Drittel des deutschen Volkes verlor in jener Zeit ihr Leben. Doch waren nicht etwa hohe Verluste im Krieg dafür verantwortlich, sondern das Wüten der Pest in fast allen großen und kleinen Städten des Deutschen Reiches. Es herrschte in der Epoche des Barocks ein antithetisches (also gegensätzliches) Weltbild. Luxus und Verschwendung der Adeligen standen Leid und Armut innerhalb der einfachen Bevölkerung gegenüber. Die Literatur im Barock war ebenso gekennzeichnet von thematischen Widersprüchen. Diesseits und Jenseits standen sich ebenso gegenüber wie Ernst und Spiel oder etwa Sein und Schein. Die Zeit des Barocks stellte einen Wandel von lateinischer zu deutschsprachiger Literatur dar. Die bedeutsamste Literaturform des Barocks war dabei die Dichtung. Das Sonett war die häufigste Gedichtform, die Verwendung fand. Im Barockzeitalter war der überwiegende Teil der Literatur Gelegenheitsdichtung. Man dichtete zur gehobenen Unterhaltung oder bei Hofe zur Fürstenhuldigung. Für wohlhabende Bevölkerungsschichten schrieben Lyriker für Taufen, Beerdigungen oder Hochzeiten. Die Dichtung im Barock wird daher auch Gesellschaftsdichtung genannt.
Das vorliegende Gedicht umfasst 343 Wörter. Es baut sich aus 10 Strophen auf und besteht aus 60 Versen. Johann Christian Günther ist auch der Autor für Gedichte wie „Was man von galanten Kindern“, „Ich will lachen, ich will scherzen“ und „Gedacht und auch geschehn. Ihr Pierinnen lacht“. Zum Autor des Gedichtes „Lob des Winters“ haben wir auf abi-pur.de weitere 264 Gedichte veröffentlicht.
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