Er tröstet sich und seinen Freund von Johann Christian Günther
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Gott Lob, ich merck es innerlich, |
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Des Höchsten Eifer lindert sich, |
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Es raft sich mein bedrängtes Herze; |
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Und sieht es gleich noch nicht woher. |
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So meint's doch mitten in dem Schmerze, |
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Als wenn gleichwohl ein Hang zur Hofnung übrig wär. |
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Was war das nicht vor Bangigkeit! |
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Durch meine ganze Lebenszeit |
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Befind ich nichts von ihres gleichen; |
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Kein Zuspruch konte meinen Gram, |
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Kein Trost den Eigensinn erweichen, |
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Der immer von sich selbst mehr Kraft und Nahrung nahm. |
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Ach, allerliebster Herzensfreund, |
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Bey dem mein Elend größer scheint, |
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Indem du in Gesellschaft leidest, |
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Ach glaube, daß die große Treu, |
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Wodurch du dich in Noth bescheidest, |
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Mir noch die lezte Lust zu diesem Leben sey. |
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So sehnlich ein noch zartes Kind |
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Auf Brüste, Milch und Docken sinnt, |
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So sehnlich brennt auch mein Verlangen, |
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Dich einmahl in vergnügter Zeit |
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Und in dem Alter zu umfangen, |
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Wo viel Erinnerung vergangner Noth erfreut. |
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Die Welt soll kein Exempel sehn, |
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Das wohl auch so noch nicht geschehn, |
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Das unsrer Treu die Palmen raube. |
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Die Frauenbrunst würckt sonderlich; |
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Doch bistu Jonathan, so glaube, |
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Dein David fühlt sie auch, doch überhaupt vor dich. |
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Es mag uns ein Prophetengeist, |
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So klug und weis er immer heist, |
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Auf Erden wenig Guts versprechen, |
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Wir wollen durch Vernunft und Fleiß |
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Die Schlüße böser Schickung brechen; |
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Ich troze drauf, weil Gott den frommen Vorsaz weis. |
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Du siehst allhier, der Abendthau |
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Macht Gräser, Laub und Kräuter grau |
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Und stärckt sie nach der Mittagshize: |
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Ach, lerne Trost, und klage nicht, |
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Daß unser Herz zu lange schwize; |
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Wer weis, wo uns ein Quell auch aus dem Felsen bricht! |
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Das schön- und wundervolle Licht |
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Entführt uns jezt sein Angesicht |
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Und denckt gleichwohl aufs Wiederkommen; |
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Es bringt auch sein verjüngter Schritt |
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Dies, was es uns anjezt genommen, |
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Glanz, Farben, Wärm und Lust vielleicht noch reicher mit. |
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Es darf dich kein Verlust gereun; |
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Die Zukunft wird des Glückes Schein |
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Mit reichem Wucher wiedersenden. |
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Wir kehren wieder in die Stadt |
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Zur alten Noth mit leeren Händen; |
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Jedoch wer weis, wo Gott vor uns gesorget hat! |
Details zum Gedicht „Er tröstet sich und seinen Freund“
Johann Christian Günther
9
54
333
1720
Barock
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Er tröstet sich und seinen Freund“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Christian Günther. Der Autor Johann Christian Günther wurde 1695 in Striegau geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1720 zurück. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Günther handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Epoche des Barocks dauerte von etwa 1600 bis 1720 an. Der Begriff „Barock“ leitet sich vom portugiesischen Wort „barocco“ ab und bedeutet „seltsam geformte Perle“. Der Dreißigjährige Krieg(1618–1648) gilt als das maßgebende Bezugselement des Barocks. Der Dreißigjährige Krieg hinterließ ein wirtschaftlich, politisch und kulturell verfallenes Deutsches Reich. Aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen wurden ganze Landstriche entvölkert. So wurden Gewalt, Tod und Zerstörung zum Teil des Alltags der Menschen der damaligen Zeit. Schwere Hungersnöte und Seuchen, wie die Pest, verschlimmerten die Situation der Bevölkerung weiter. Allein der Ausbruch der Pest reduzierte die Bevölkerung um ein Drittel. Es herrschte in der Literaturepoche des Barocks ein antithetisches (also gegensätzliches) Weltbild. Verschwendung und Luxus im Leben des Adels standen Armut und Leid innerhalb der einfachen Bevölkerung gegenüber. Die Barockliteratur war ebenso geprägt von inhaltlichen Widersprüchen. Diesseits und Jenseits standen sich ebenso gegenüber wie Spiel und Ernst oder Sein und Schein. In der Barockliteratur löste die deutsche Sprache das Lateinische ab. Dichter und Werke dieser Zeit sind vielzählig. Andreas Gryphius, Martin Opitz oder Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen sind typische Vertreter der Zeit des Barocks.
Das vorliegende Gedicht umfasst 333 Wörter. Es baut sich aus 9 Strophen auf und besteht aus 54 Versen. Weitere Werke des Dichters Johann Christian Günther sind „Warum man mich in keiner Kirche sieht?“, „Kein Schulpferd ist so gut zum Springen abgericht“ und „Was man von galanten Kindern“. Zum Autor des Gedichtes „Er tröstet sich und seinen Freund“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 264 Gedichte vor.
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