Philimen an seine drey Verlasznen in Schmiedeberg von Johann Christian Günther

Gute Nacht, ihr liebsten Brüder!
Das Verhängnüß trennt uns wieder
Und vergällt uns manche Nacht,
Die wir freudig zugebracht,
Wenn die Weißheit nebst den Musen
Und auch, wie es manchmahl kam,
. . . . allgemeiner Busen
Aller Grillen Macht benahm.
 
Denckt an diesen guten Winter,
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Da euch der verfolgte Günther
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Erstlich auf die Spur gelenckt,
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Die mit edler Wollust tränckt;
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Denckt an meine treue Lehren
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Von Verstand und Wißenschaft,
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Denckt auch nicht allein ans Hören,
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Sondern bringt sie selbst zur Kraft.
 
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Gott und Glücke weis, wie lange,
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Wo, wie weit, wie froh, wie bange
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Mein herumgezogner Fuß
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Noch den Ruhplaz suchen muß.
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O wie manches Schnein und Regnen,
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O wie mancher saurer Wind
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Werden mir noch wohl begegnen,
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Eh mein Fleiß die Frucht empfindt!
 
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Wüntscht mir weiter nichts auf Erden,
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Als nur wohl geprüft zu werden
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Bey der Noth nicht eigner Schuld,
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In dem Kummer stets Gedult.
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Ich bin allemahl zufrieden,
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Wie es auch die Vorsicht schickt;
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Lebt ich nicht von euch geschieden,
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Lebt ich ganz und gar beglückt.
 
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Hört ihr meinen Tod berichten,
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O so klagt und weint mit nichten!
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Last es euch vielmehr erfreun,
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Dadurch scharf erweckt zu seyn,
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Daß ihr dieses kurze Leben
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Desto beßer brauchen lernt
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Und durch eifriges Bestreben
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Euch dem Pöbel bald entfernt.
 
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Seh ich jezt mit naßem Blicke
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So betrübt wie der zurücke,
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Dem sich dort das Paradies
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Kläglich auf dem Rücken wies,
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Zähm ich doch die weichen Triebe
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Durch Gewohnheit und Verstand;
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Wo ich mich in Künsten übe,
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Da, da ist mein Vaterland.
 
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Gute Nacht, ihr Berg und Tiefen,
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Wo wir oft dem Tage riefen,
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Der uns einmahl weißheitsvoll
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Außer Landes crönen soll.
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Hört auch: Haltet meine Brüder
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Nicht zu lange nach mir auf;
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Schickt ihr mir die drey nicht wieder,
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Leg ich schon den Fluch darauf.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (28.3 KB)

Details zum Gedicht „Philimen an seine drey Verlasznen in Schmiedeberg“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
56
Anzahl Wörter
292
Entstehungsjahr
1695 - 1723
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Philimen an seine drey Verlasznen in Schmiedeberg“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Christian Günther. Günther wurde im Jahr 1695 in Striegau geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1711 bis 1723 entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Barock kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Günther handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Als Literatur des Barocks wird in der deutschen Geschichte der Literatur seit 1800 das schriftstellerische Schaffen in Europa im Zeitraum zwischen etwa 1600 und 1720 bezeichnet. Der Begriff „Barock“ stammt aus dem Portugiesischen („barocco“) und bedeutet so viel wie schiefrunde, seltsam geformte Perle. Der Dreißigjährige Krieg war ein Territorial- und Religionskrieg in Europa, der für viel Elend, Zerstörung und Tod sorgte. Dazu kamen Zerfall der Wirtschaft und die Pest, welche das Unheil während des Dreißigjährigen Krieges nur noch verschärfte. Die Epoche des Barocks in der Literaturgeschichte wurde von Gegensätzen geprägt. Dabei standen vordergründig das Diesseits und das Jenseits oder der Schein und das Sein im Mittelpunkt der Literatur. Von Gegensätzen beeinflusst war auch das Leben der Menschen. So lebte die Mehrheit der Bevölkerung in Armut, Adelige hingegen lebten einen luxuriösen Lebensstil. Die Epoche des Barocks stellte einen Wandel von lateinischer zu deutscher Literatur dar. Die wichtigste Literaturform der Epoche war dabei die Dichtkunst. Das Sonett war die häufigste Gedichtform, die genutzt wurde. Die Autoren gehörten in der Regel dem Gelehrtenstand an: Theologen, Akademiker, Adelige und Beamte. Berühmte Autoren des Barocks sind insbesondere Martin Opitz, Andreas Gryphius, Daniel Caspar von Lohenstein, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau oder Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen.

Das 292 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 56 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Die Gedichte „Der Unruh wird noch mehr, wenn Wieg- und Nahmenfest“, „Warum man mich in keiner Kirche sieht?“ und „Kein Schulpferd ist so gut zum Springen abgericht“ sind weitere Werke des Autors Johann Christian Günther. Zum Autor des Gedichtes „Philimen an seine drey Verlasznen in Schmiedeberg“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 264 Gedichte vor.

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