Über die Worte: Ich hatte viel Bekümmernüsz etc von Johann Christian Günther
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Last mich doch nur in der Still |
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Ohne Licht und Zeugen weinen, |
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Weil der Himmel gar nicht will, |
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Daß mir beßre Tage scheinen; |
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Das Bekümmernüß der Brust |
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Wird durch Mitleid nicht zur Lust. |
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Meines Lebens schwerer Lauf |
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Ist vorwahr so kurz als böse; |
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Seh ich gleich mit Sehnsucht auf, |
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Ob und wer mich bald erlöse, |
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Seh ich gleichwohl allemahl |
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Vor den Stern den Donnerstrahl. |
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Nicht verzweifeln ist ein Werck |
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Derer, die noch mäßig tragen. |
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Hier ein Abgrund, dort ein Berg, |
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Abends Jammer, morgens Klagen, |
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Also wechselt bis ins Grab |
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Elend stets mit Elend ab. |
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Seufzer sind mein Zeitvertreib, |
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Brodt und Trunck mischt Asch und Thränen; |
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Creuz und Schwachheit biegt den Leib, |
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Und die Seele lechst mit Sehnen |
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Wie ein matt und durstig Reh |
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Nach der Hülf aus Salems Höh. |
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Freunde weichen wie das Laub, |
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Welches Wind und Herbst verjagen; |
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Feinde treten mich in Staub, |
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Neider spotten meiner Klagen, |
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Alles lacht und flieht von mir, |
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Nur die Unruh bleibet hier. |
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Ach wie schrey ich, ach wie viel |
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Werden mir der langen Nächte! |
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Sieht die Hofnung gar kein Ziel, |
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Daß sie sich erholen möchte? |
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Soll, o Gott, denn meine Pein |
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Wie dein Eifer ewig seyn? |
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Doch was überfällt mein Herz |
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Vor ein innerlicher Frieden? |
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O wo ist denn schon der Schmerz? |
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Bin ich etwan gar verschieden? |
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Oder giebt ein Traumgesicht |
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Mir nur Schatten vor das Licht? |
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Herr, verzeih der Ungedult, |
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Denn jezt seh ich deine Stärcke, |
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Und die große Vaterhuld |
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Wird an mir zum Wunderwercke |
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Und erquickt mich in der That |
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Wie der Thau die welcke Saat. |
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Sünden, greift mich grausam an, |
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Sorgen, kränckt mein schwach Gemüthe! |
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Ich verbeiße, was ich kan. |
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Feinde raset, Misgunst wüte! |
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Herr, mein Glauben und dein Wort |
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Stärckt mich hier und hält mich dort. |
Details zum Gedicht „Über die Worte: Ich hatte viel Bekümmernüsz etc“
Johann Christian Günther
9
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287
1695 - 1723
Barock
Gedicht-Analyse
Johann Christian Günther ist der Autor des Gedichtes „Über die Worte: Ich hatte viel Bekümmernüsz etc“. Geboren wurde Günther im Jahr 1695 in Striegau. In der Zeit von 1711 bis 1723 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Barock zuordnen. Bei dem Schriftsteller Günther handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Literaturepoche des 17. und 18. Jahrhunderts, die wir heute als Barock bezeichnen, leitet sich aus dem Portugiesischen ab. Das portugiesische Wort stammt ursprünglich aus dem Juwelierhandwerk und heißt auf Deutsch „unregelmäßige, schiefrunde Perle“. Die Zeit des Barocks wurde durch den Dreißigjährigen Krieg geprägt – Hunger, Seuchen (insbesondere die Pest), Vergewaltigung und Tod sorgten für enormes Elend bei den Menschen in Europa. So schrumpfte die Bevölkerung in Deutschland von etwa 28 Millionen im Jahr 1615 auf 11 Millionen Menschen am Ende des Krieges im Jahr 1648. Die Epoche des Barocks in der deutschen Literaturgeschichte wurde von Gegensätzen geprägt. Dabei standen vordergründig das Jenseits und das Diesseits oder das Sein und der Schein im Mittelpunkt der barocken Literatur. Von Gegensätzen beeinflusst war auch das Leben der Bevölkerung. So lebte der überwiegende Teil der Bevölkerung in Armut, Adelige hingegen lebten einen luxuriösen und verschwenderischen Lebensstil. In Deutschland führte der Barock zu einer Ablösung der lateinischen Sprache im Schriftwerk - einschließlich der wissenschaftlichen und philosophischen Literatur - durch die deutsche Sprache. Im Barock war der überwiegende Teil der Literatur Gelegenheitsdichtung. Man schrieb bei Hofe als Fürstenhuldigung oder zur gehobenen Unterhaltung. Für den wohlhabenden Bürger schrieben Lyriker zum Anlass von Taufen, Beerdigungen, Hochzeiten. Die Dichtung der Literaturepoche des Barocks wird deswegen auch Gesellschaftsdichtung genannt.
Das 287 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 54 Versen mit insgesamt 9 Strophen. Die Gedichte „Am Abend“, „Abendlied“ und „Rosen“ sind weitere Werke des Autors Johann Christian Günther. Zum Autor des Gedichtes „Über die Worte: Ich hatte viel Bekümmernüsz etc“ haben wir auf abi-pur.de weitere 264 Gedichte veröffentlicht.
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