An die Frau von Breszlerin, geb. von Wirth von Johann Christian Günther

Entzückendes Geschlecht, ihr Engel dieser Erden,
Durch die wir, was wir sind, ich meine Männer, werden
Und welchen die Natur, die nichts so künstlich baut,
Die Wafen wider uns durch Schönheit anvertraut,
Wie, ist's euch nicht genug, daß Regung, Mund und Mienen
Euch über unser Herz zu Siegeskränzen dienen
Und daß ihr, wenn der Scherz aus Aug und Antliz brennt,
Die Weisen hintergehn und Helden werfen könt?
Gedenckt ihr auch den Ruhm, worauf wir uns befleißen,
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Durch Weißheit und Verstand noch vollends hinzureißen?
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Und wollt ihr endlich gar mit Ehrsucht und Bemühn
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Den Schmuck der Poesie uns von der Scheitel ziehn?
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Ihr steigt ja sonst nicht gern, wenn Männer folgen wollen,
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Damit nur diese nicht ein Einsehn kriegen sollen;
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Jezt aber klettert ihr am Helicon voran
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Und lacht, wenn unser Fuß nur hinckend folgen kan.
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Glaubt, fahrt ihr weiter fort, durch Wißenschaft und Lehren
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Die angebohrne List in eurer Brust zu mehren,
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So kehrt ihr ehstens gar im Musenheiligthum
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Den eingeführten Staat mitsamt der Herrschaft um.
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Da wird der Phoebus euch nur Leyren puzen müßen,
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Da wird auch, wenn ihr nun das alte Recht zerrißen,
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Der Dichter männlich Chor, geht's noch so bitter ein,
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Euch blos um Pagenlohn zur Tafel dienstbahr seyn.
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So sprach ich, als ich las, mit was vor Geist und Leben
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Die edle Brennerin den Versen Kraft gegeben;
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Ich schäzte, lobt und pries das Ufer um den Belt,
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Der so ein seltnes Licht in Norden aufgestellt.
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Apollo kam dazu und fing mich an zu schelten;
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So geht es, bracht er aus, was fremd ist, muß stets gelten.
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Du lobst dies Buch, und recht; doch hastu, wie ich seh,
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Dies, was du hier erhebst, viel beßer in der Näh:
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Besinnstu dich denn nicht auf unsre Mariane?
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Mein Tempel sehnt sich schon nach ihrer Ehrenfahne.
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Er schwieg; ich wurde roth, gerieth auf beßern Sinn
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Und warf den netten Fleiß der klugen Göttin hin.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „An die Frau von Breszlerin, geb. von Wirth“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
314
Entstehungsjahr
1695 - 1723
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „An die Frau von Breszlerin, geb. von Wirth“ des Autors Johann Christian Günther. Geboren wurde Günther im Jahr 1695 in Striegau. In der Zeit von 1711 bis 1723 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Barock zuordnen. Bei Günther handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Barock stammt vom portugiesischen Wort „barroco“ ab und bedeutet so viel wie „schiefrunde Perle“. Die Bezeichnung für barock als Adjektiv wurde anfänglich abwertend gebraucht. Der Begriff Barock als Bezeichnung für eine Epoche setzte sich erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts durch und gibt der Literaturepoche im Zeitraum zwischen 1600 und 1720 den Namen. Mit dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) erlebte das Deutsche Reich einen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Verfall. Etwa ein Drittel der Bevölkerung verlor in dieser Zeit ihr Leben. Doch waren nicht etwa hohe Verluste im Krieg dafür verantwortlich, sondern das Wüten der Pest in fast allen Städten des Landes. Der Barock zeichnet sich vorwiegend durch die Antithetik, also einem von Widersprüchen und Gegensätzen geprägtem Bewusstsein, aus. Durch die Antithetik kommt es in der Epoche des Barocks vermehrt zur Verwendung von Gegensatzpaaren, wie zum Beispiel: Jenseits und Diesseits, Tugend und Wollust oder Weltverneinung und Weltzugewandtheit. Im Barock wurde das Lateinische von der deutschen Sprache abgelöst. Zu den berühmten Dichtern der Literaturepoche des Barocks zählen beispielsweise: Casper von Lohenstein, Martin Opitz, Andreas Gryphius, Grimmelshausen, Paul Fleming, Caspar Ziegler, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau und Angelus Silesius.

Das Gedicht besteht aus 36 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 314 Worte. Johann Christian Günther ist auch der Autor für Gedichte wie „Kein Schulpferd ist so gut zum Springen abgericht“, „Was man von galanten Kindern“ und „Ich will lachen, ich will scherzen“. Zum Autor des Gedichtes „An die Frau von Breszlerin, geb. von Wirth“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 264 Gedichte vor.

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