An die Frau von Breszlerin von Johann Christian Günther

Dein Feuer und dein Geist, galant- und muntres Weib,
Sind Kennern rechter Kunst ein süßer Zeitvertreib
Und haben neulich erst ein Meisterstück erwiesen,
Das zwar den Fürsten ehrt, doch dich selbst mehr gepriesen.
 
So fahre munter fort und las der Misgunst Schreyn
Dein nettes Lautenspiel nur immerhin entweihn;
Der Nachruhm ist ein Schaz, den hohe Seelen finden
Und kluge Dichter stets um ihren Lorbeer winden.
 
Ich, den zum Theil der Neid, zum Theil auch Schwachheitsschuld
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Ins Labyrinth gebracht, geh jezo mit Gedult,
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Wohin die Schickung winckt, und will mit Sehn und Schweigen
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Dem Glücke, das mich äft, ein starck Gemüthe zeigen.
 
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Ich sehe so vorlängst, was man nicht ändern kan,
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Wie alles in der Welt mit gleichen Augen an,
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Da Leute beßrer Kunst und von weit reichern Gaben
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Vor diesem noch wohl mehr als ich gelidten haben.
 
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Daß mancher unsrer Zeit so groß als altklug scheint
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Und, weil ihm alles geht, aus tollem Wahne meint,
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Es könn' ein jeder Mensch sein eigen Glücke machen,
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Darüber muß ich so als wie die Warheit lachen.
 
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Die Polsche Barbarey hat mich ganz fremden Gast
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Mit eußerlicher Gunst ein Vierthel Jahr umfast
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Und will mich durch das Joch verliebter Poßen zwingen,
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Den unruhvollen Stand bald an das Ziel zu bringen.
 
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Gott weis, wie lang es währt. Löscht meiner Eltern Haus,
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Wohin ich jezo geh, des Feuers Ursprung aus,
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So hof ich hier noch Trost, wo nicht, so soll mein Leben
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In weit entfernter Luft nach beßrem Glücke streben.
 
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Von dir, gelehrte Frau, verlang ich weiter nichts
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Als nur noch diesen Strahl des holden Gnadenlichts,
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Die Fehler junger Zeit mit Großmuth zu ertragen
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Und meiner Musenschaar bisweilen Trost zu sagen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27 KB)

Details zum Gedicht „An die Frau von Breszlerin“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
275
Entstehungsjahr
1695 - 1723
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Johann Christian Günther ist der Autor des Gedichtes „An die Frau von Breszlerin“. Günther wurde im Jahr 1695 in Striegau geboren. Zwischen den Jahren 1711 und 1723 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Der Schriftsteller Günther ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Der Barock umfasst etwa den Zeitraum von 1600 bis 1720. Die Übersetzung des portugiesischen Begriffes „barocco“ lautet „unregelmäßig geformte Perle“. Der Dreißigjährige Krieg war ein Territorial- und Religionskrieg in Europa, der für Elend, Zerstörung und Tod sorgte. Dazu kamen Zerfall der Wirtschaft und die Pest, welche das Unheil während des Dreißigjährigen Krieges nur noch befeuerte. Die Lyrik des Barocks ist von drei Leitmotiven (Memento mori, Vanitas, Carpe diem) beeinflusst, die die Einstellung der Bevölkerung zum Leben beschreiben. Vor dem Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges war das Leben der Bevölkerung von Gewalt und Zerstörung beeinflusst. Alle diese Motive setzen sich auf unterschiedliche Weise mit der verbreiteten Angst vor dem Lebensende und dessen Auswirkungen auseinander. Unter den Literaturgattungen genossen die Lyrik in Form von Sonetten, Liedern oder Oden, die Epik in Form des Romans und das Drama größere Bedeutung. Während die Schriftsteller der Renaissance vorwiegend in lateinischer Sprache, der Sprache der Wissenschaft, verfassten, bemühte man sich nun, sich dem Deutschen zuzuwenden. Zu den berühmten Dichtern der Literaturepoche des Barocks gehören beispielsweise: Casper von Lohenstein, Martin Opitz, Andreas Gryphius, Grimmelshausen, Paul Fleming, Caspar Ziegler, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau und Angelus Silesius.

Das 275 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Der Dichter Johann Christian Günther ist auch der Autor für Gedichte wie „Warum man mich in keiner Kirche sieht?“, „Kein Schulpferd ist so gut zum Springen abgericht“ und „Was man von galanten Kindern“. Zum Autor des Gedichtes „An die Frau von Breszlerin“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 264 Gedichte vor.

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