An die Liebe von Johann Christian Günther
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Wo, Amor, kommstu denn erst heute |
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So schnell auf einmahl wieder her? |
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Ich schwur dir ja nicht ohngefehr: |
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Nun sind wir zwey geschiedne Leute. |
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Verschone meiner Sorgen Lauf |
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Und leg die Pfeile nicht erst auf; |
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Du siehst, ich bin nicht mehr derselbe, |
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Den Filindrene küst und drückt, |
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Noch der, den Weistriz, Pleiß und Elbe |
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An ihrem Ufer oft entzückt. |
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Das Alter kommt mir vor den Jahren, |
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Ich habe zeitig ausgedient, |
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Mein Frühling ist in Angst vergrünt |
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Und als ein Strom dahingefahren. |
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Mein Auge, deßen feurig Spiel |
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Den Schönen in das Auge fiel, |
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Hat manchen Siegeskranz empfangen; |
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Dies Auge sieht jezt läßig zu |
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Und winckt mit thränendem Verlangen |
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Der in der Welt versagten Ruh. |
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Geh, loser Dieb, mit deinen Flammen |
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Und schmelze Florens harten Sinn. |
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Sie giebt der Zeit die Schönheit hin |
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Und will sich selbst zur Noth verdammen. |
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Geh, bring ihr die Empfindung bey, |
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Warum sie jung und artig sey |
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Und wenn und wie man lieben solle! |
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Geh, flöß ihr deine Klugheit ein; |
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Es wird ihr mehr als eine Rolle |
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Verliebter Sclaven Weihrauch streun. |
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Du bist gewehlt, wie Kinder pflegen, |
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Und liebst ein aufgeräumt Quartier; |
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Dies aber suche nicht bey mir, |
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Ich müste dich auf Dornen legen. |
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Der Gram erfüllt auch schon mein Herz, |
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Du schäckerst, dies verbeuth mein Schmerz, |
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Und muß ich dann und wann noch lachen, |
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Geschieht es nur aus Bitterkeit, |
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Dem Pöbel keine Lust zu machen, |
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Der über meine Muse schreyt. |
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Lauf, Amor, lauf mit List und Stricken, |
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Und such ein Kind von guter Art, |
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An welchem Glück und Zucht nichts spart, |
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Stand, Glieder, Wiz und Herz zu schmücken! |
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Dies unschuldsvolle Schönheitsbild |
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Nimm, wenn auch Freund und Mutter schilt, |
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Und las ihm von den Charitinnen |
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Ihr reizend Ein ich weis nicht was |
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In alle Wort und Mienen rinnen; |
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Denn Schönheit ohne dies ist Glas. |
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Du fragst, für wen ich so viel Gaben |
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Und so was Seltnes fodern kan? |
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Lauf, stecke Beuchelts Sehnsucht an, |
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Dem gilt die Wahl, der soll es haben! |
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Bediene dich der Finsternüß, |
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Und gieb ihm jezt davon den Riß, |
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Bald aber auch den Schaz ins Bette, |
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Las alle Lust auf einmahl aus, |
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Flicht Treu und Dauer in die Kette, |
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Und zeuch auch gar zu ihm ins Haus. |
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Hier wirft dein Scherzamt mehr Ergözen, |
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Mehr Herrligkeit und Opfer ab, |
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Als Cypern seiner Mutter gab. |
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Hier wird man dich in Rosen sezen, |
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Hier wird der Schönen Kuß dein Wein, |
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Ihr Mund dein Ganymedes seyn, |
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Hier wirstu Ambrosin bekommen. |
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Ach, las dir nicht den Lohn entgehn |
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Und lauf, den Wüntschen vorzukommen, |
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Die schon nach Beuchelts Herze stehn. |
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Ja, reichstu dem nach Wuntsch und Willen |
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Dies, was mein Vorschlag hier gemeint, |
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So will ich als ein Phoebusfreund |
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Dein Lob in schöne Fabeln hüllen. |
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Es liegt ein nett- und deutsches Kleid |
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Vor deine Blöße schon bereit. |
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Ich will der Blindheit Vorwurf wenden. |
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Sieht Amor nicht? Nein, Spötter wist, |
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Er hat die Augen in den Händen |
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Und greift, was Beuchelts würdig ist. |
Details zum Gedicht „An die Liebe“
Johann Christian Günther
8
80
482
1695 - 1723
Barock
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „An die Liebe“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Christian Günther. 1695 wurde Günther in Striegau geboren. Zwischen den Jahren 1711 und 1723 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Barock zuordnen. Günther ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Der Barock umfasst die Zeit von 1600 bis 1720. Die wörtliche Übersetzung des portugiesischen Begriffes „barocco“ lautet „unregelmäßig geformte Perle“. Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) hat die Epoche des Barocks stark geprägt. Der Krieg war eine Katastrophe von einem Ausmaß, das kaum vorstellbar ist. Die Menschen litten unter den Kämpfen, Hungersnöten und besonders unter der Pest, an der eine Vielzahl von Menschen verstarb. Die Bevölkerung in Deutschland ging um etwa ein Drittel zurück. Vornehmlich Pest und Krieg im Barock zeigen auch ein gewichtiges Merkmal auf: der Gegensatz. Auf der einen Seite Armut, Tod und Elend, auf der anderen Macht, Prunk und Glanz. So lebte die normale Bevölkerung in größtenteils bitterer Armut, während Adelige einen luxuriösen Lebensstil bevorzugten. In der Lyrik des Barocks trat das Deutsche an die Stelle des Lateinischen, welches die Sprache der bedeutendsten deutschen Dichter im 16. Jahrhundert gewesen war. Trotzdem war auch weiterhin die Elite Träger der Literatur. Im Zeitalter des Barocks war der überwiegende Teil der Literatur Gelegenheitsdichtung. Man schrieb bei Hofe als Fürstenhuldigung oder zur gehobenen Unterhaltung. Für die wohlhabende Bevölkerung schrieben Lyriker für Beerdigungen, Taufen, Hochzeiten. Die Dichtung des Barocks wird daher auch Gesellschaftsdichtung genannt.
Das vorliegende Gedicht umfasst 482 Wörter. Es baut sich aus 8 Strophen auf und besteht aus 80 Versen. Johann Christian Günther ist auch der Autor für Gedichte wie „Warum man mich in keiner Kirche sieht?“, „Kein Schulpferd ist so gut zum Springen abgericht“ und „Was man von galanten Kindern“. Zum Autor des Gedichtes „An die Liebe“ haben wir auf abi-pur.de weitere 264 Gedichte veröffentlicht.
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Zum Autor Johann Christian Günther sind auf abi-pur.de 264 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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