Am Jahrestag von Theodor Fontane

1	Heut ist’s ein Jahr, daß man hinaus Dich trug,
2	Hin durch die Gasse ging der lange Zug,
3	Die Sonne schien, es schwiegen Hast und Lärmen,
4	Die Tauben stiegen auf in ganzen Schwärmen.
5	Und rings der Felder herbstlich buntes Kleid,
6	Es nahm dem Trauerzuge fast sein Leid,
7	Ein Flüstern klang mit ein in den Choral,
8	Nun aber schwieg’s, – wir hielten am Portal.
9	Der Zug bog ein, da war das frische Grab,
10	Wir nächsten Beide sahen still hinab,
11	Der Geistliche, des Tages letztes Licht
12	Umleuchtete sein freundlich ernst Gesicht,
13	Und als er nun die Abschiedsworte sprach,
14	Da sank der Sarg und Blumen fielen nach,
15	Spätrosen, roth und weiße, weiße Malven
16	Und mit den Blumen fielen die drei Salven.
17	Das klang so frisch in unser Ohr und Herz,
18	Hinschwand das Leid uns, aller Gram und Schmerz,
19	Das Leben, war Dir’s wenig, war Dir’s viel?
20	Ich weiß das Eine nur, Du bist am Ziel,
21	In Blumen durftest Du gebettet werden,
22	Du hast die Ruh nun, Erde wird zu Erden,
23	Und kommt die Stund’ uns, Dir uns anzureihn,
24	So laß die Stunde, Gott, wie diese sein.

Details zum Gedicht „Am Jahrestag“

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Am Jahrestag“ wurde von Theodor Fontane geschrieben, einem bedeutenden deutschen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts. Fontane wurde am 30. Dezember 1819 geboren und starb am 20. September 1898.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht als geschriebene Hommage oder Gedenken an einen geliebten Menschen, der vor einem Jahr gestorben ist. Es scheint, als würden Gefühle der Trauer, aber auch des Friedens und der Akzeptanz des Todes, hervorgehoben.

Inhaltlich erzählt das lyrische Ich über eine Beerdigung, die vor einem Jahr stattgefunden hat. In der ersten Strophe beschreibt es die Prozession und den Gang zum Grab. Die herbstliche Landschaft und die stille Umgebung wirken tröstlich und mildern die Trauer etwas ab. In der zweiten Strophe wird das frische Grab und der Geistliche, der Abschiedsworte spricht, detaillierter dargestellt. Nachdem der Sarg gesenkt wurde, wurden Blumen und Salutschüsse abgefeuert. In der dritten Strophe reflektiert das lyrische Ich über das Leben und den Tod des Verstorbenen, sowie den Trost, den der Tod mit sich bringt. Es äußert auch den Wunsch, dass sein eigenes Ende genauso sein möge.

Die Sprache des Gedichts ist schlicht und klar, aber dennoch sind die Worte sorgfältig gewählt. Die sprachlichen Bilder, wie zum Beispiel die Tauben, die aufsteigen, oder die Blumen, die nach dem Sarg fallen, sind sehr detailreich und kunstvoll gestaltet. Sie verleihen dem Gedicht eine melancholische, aber dennoch tröstende Atmosphäre.

Die Form des Gedichts folgt einem sehr strukturierten Muster. Jede der drei Strophen besteht aus acht Versen. Dies strahlt eine gewisse Ordnung und Ruhe aus, die gut zu der Thematik und der Stimmung des Gedichts passt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Am Jahrestag“ ein sehr emotionales und nachdenkliches Gedicht über den Tod, das Gedenken und den Trost ist. Es zeigt auf sehr sensible Weise die menschliche Auseinandersetzung mit der Endlichkeit des Lebens und der Hoffnung auf Frieden nach dem Tod.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Am Jahrestag“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Theodor Fontane. Geboren wurde Fontane im Jahr 1819 in Neuruppin. Im Jahr 1895 ist das Gedicht entstanden. In Stuttgart und Berlin ist der Text erschienen. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Realismus zuordnen. Bei dem Schriftsteller Fontane handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 185 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Theodor Fontane sind „Alles still!“, „An Bettina“ und „An Emilie“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Am Jahrestag“ weitere 214 Gedichte vor.

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