Frühlingsgespenster von Julius Karl Reinhold Sturm

Ich saß noch spät in meinem Zimmer,
Studierend bei der Lampe Schimmer,
Und ob mein Auge müd' und matt,
Wandt' ich doch emsig Blatt um Blatt.
 
Da klopft' es plötzlich an mein Fenster;
Ich glaube zwar nicht an Gespenster,
Doch weil gar hoch mein Fenster war,
Schien mir das Klopfen wunderbar.
 
Ich spähte durch die nächt'gen Räume,
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Der Mond schien freundlich durch die Bäume,
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Tief unten schlug die Nachtigall,
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Sonst tiefes Schweigen überall.
 
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Doch kaum sah ich zu lesen nieder,
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Da klopft' es auch vernehmlich wieder;
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Weit macht' ich nun die Fenster auf
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Und ließ den Klopfern freien Lauf.
 
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Und plötzlich schwärmten durch das Fenster
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Zwei braune surrende Gespenster;
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Maikäfer waren's, die's verdroß,
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Daß ich im Zimmer mich verschloß;
 
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Daß ich mich über Büchern härmte,
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Genießend nicht, wie sie, durchschwärmte
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Die linde, weiche Maiennacht
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Voll Blütenduft und Sternenpracht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.9 KB)

Details zum Gedicht „Frühlingsgespenster“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
138
Entstehungsjahr
1816 - 1896
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Frühlingsgespenster“ wurde von Julius Karl Reinhold Sturm verfasst, einem deutschen Dichter des 19. Jahrhunderts. Es kann dem Bereich der Lyrik und insbesondere der Kategorie Naturlyrik zugeordnet werden, was typisch für die Epoche des Biedermeier ist, zu der Sturm gezählt wird.

Das Gedicht erweckt beim ersten Lesen einen Eindruck der zauberhaften-ruhigen Nacht, die durch die Stille und die Darstellung der natürlichen Elemente wie dem Mondlicht, den Bäumen und der Nachtigall hervorgehoben wird. Die Atmosphäre wirkt beruhigend, wird jedoch durch das Klopfen an der Fensterscheibe und die damit verbundene Spannung aufgebrochen.

Im Verlauf des Gedichts erfahren wir, dass das lyrische Ich in seinem Zimmer sitzt und liest. Trotz müder Augen arbeitet es fleißig weiter, als plötzlich ein Klopfen an seinem Fenster es unterbricht. Zunächst irritiert vermutet das lyrische Ich ein Gespenst, doch es erkennt schnell, dass es sich um Maikäfer handelt, die ins Zimmer einfliegen. Diese Erkenntnis führt zu einer deutlichen Aufforderung: Der Leser soll aufhören sich mühsam mit Büchern zu quälen und sollte die Frühlingsnacht genießen, die voller Blütenduft und Sternenpracht ist.

Formal ist das Gedicht streng strukturiert in sechs Strophen zu je vier Versen und mit einem gleichbleibenden Reimschema (Kreuzreim). Die Sprache ist klar und einfach gehalten, dennoch weiß Sturm durch geschickte Wortwahl und detailreiche Beschreibungen eine faszinierende Stimmung zu erzeugen. Von besonderer Metaphern-Dichte ist die Beschreibung der Maikäfer als „braune surrende Gespenster“, was zur mystischen Atmosphäre der Geschichte beiträgt. Durch den Vergleich der eigenen, eingeschlossenen Situation mit der der frei fliegenden Maikäfer setzt Sturm einen effektiven Kontrast und stellt die Frage nach dem Sinn des Lebens und dem richtigen Lebensweg.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass „Frühlingsgespenster“ ein poetischer Appell an den Leser ist, das Leben und die Schönheit der Natur zu genießen, anstatt sich hinter Büchern zu verstecken. Es lädt dazu ein, uns von den „Gespenstern“ unserer Arbeit und Pflichten zu befreien und das Leben voll und ganz zu erleben.

Weitere Informationen

Julius Karl Reinhold Sturm ist der Autor des Gedichtes „Frühlingsgespenster“. Der Autor Julius Karl Reinhold Sturm wurde 1816 in Bad Köstritz geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1832 bis 1896 entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das vorliegende Gedicht umfasst 138 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Julius Karl Reinhold Sturm ist auch der Autor für Gedichte wie „Der Bauer und sein Kind“, „Die Schwalben“ und „Ein deutscher Postillion“. Zum Autor des Gedichtes „Frühlingsgespenster“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 27 Gedichte vor.

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