Das Mädchen aus der Fremde von Friedrich Schiller

In einem Thal bey armen Hirten
Erschien mit jedem jungen Jahr,
Sobald die ersten Lerchen schwirrten,
Ein Mädchen, schön und wunderbar.
 
Sie war nicht in dem Thal gebohren,
Man wußte nicht, woher sie kam,
Und schnell war ihre Spur verloren,
Sobald das Mädchen Abschied nahm.
 
Beseligend war ihre Nähe
10 
Und alle Herzen wurden weit,
11 
Doch eine Würde, eine Höhe
12 
Entfernte die Vertraulichkeit.
 
13 
Sie brachte Blumen mit und Früchte,
14 
Gereift auf einer andern Flur,
15 
In einem andern Sonnenlichte,
16 
In einer glücklichern Natur.
 
17 
Und theilte jedem eine Gabe,
18 
Dem Früchte, jenem Blumen aus,
19 
Der Jüngling und der Greis am Stabe,
20 
Ein jeder gieng beschenkt nach Haus.
 
21 
Willkommen waren alle Gäste,
22 
Doch nahte sich ein liebend Paar,
23 
Dem reichte sie der Gaben beste,
24 
Der Blumen allerschönste dar.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.8 KB)

Details zum Gedicht „Das Mädchen aus der Fremde“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
124
Entstehungsjahr
1797
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das präsentierte Gedicht heißt „Das Mädchen aus der Fremde“ und stammt von dem deutschen Dichter Friedrich Schiller, der von 1759 bis 1805 lebte. Von daher kann das Werk zeitlich der Epoche der Weimarer Klassik zugeordnet werden.

Beim ersten Lesen fällt auf, dass das lyrische Ich eine mysteriöse, fast ethereale Figur in den Mittelpunkt rückt, das „Mädchen aus der Fremde“. Ihre Erscheinung wirkt magisch und faszinierend auf das lyrische Ich und die dargestellten Hirten.

Das Gedicht erzählt die Geschichte eines schönen und wunderbaren Mädchens, welche jedes Jahr in einem Tal bei armen Hirten erscheint, sobald die ersten Lerchen schwirren. Obwohl sie nicht aus dem Tal stammt und niemand weiß, woher sie kommt, bereichert sie die Gegenwart der Bewohner mit ihrer Anwesenheit und ihren Gaben.

Inhaltlich scheint das lyrische Ich auf eine erhabene Schönheit und reine Unschuld des Mädchens hinzuweisen, die in der Welt eher fremd und selten ist. Ihre edle Natur und uneigennützige Freigebigkeit rühren und beeindrucken die Menschen, sind jedoch gleichzeitig so entrückt, dass sie eine Nähe ausschließen.

Formal ist das Gedicht in sechs gleich aufgebaute Strophen mit jeweils vier Versen gegliedert. Sie folgen dem Reimschema ABAB und halten sich an den vierhebigen Jambus. Die Sprache des Gedichts ist einfach und klar, aber dennoch bildreich und ausdrucksstark. Immer wieder wird auf die überirdische Schönheit und Magie des Mädchens hingewiesen, die jedoch niemals ergründet oder erklärt wird. So fördert das Gedicht eine Atmosphäre des Geheimnisvollen und Ungreifbaren, die das Mädchen umgibt.

Schillers Gedicht kann als Allegorie auf die Poesie interpretiert werden - wie das Mädchen aus der Fremde bringt sie Gaben aus einer „glücklicheren Natur“, bereichert die Menschen und öffnet ihre Herzen, bleibt dabei aber immer ein wenig unverständlich und unerreichbar.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Das Mädchen aus der Fremde“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Friedrich Schiller. Der Autor Friedrich Schiller wurde 1759 in Marbach am Neckar, Württemberg geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1797. Der Erscheinungsort ist Tübingen. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Schiller ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang (häufig auch Geniezeit oder Genieperiode genannt) ist eine literarische Epoche, welche zwischen 1765 und 1790 existierte und an die Empfindsamkeit anknüpfte. Später ging sie in die Klassik über. Der Literaturepoche des Sturm und Drang geht die Epoche der Aufklärung voran. Die Ideale und Ziele der Aufklärung wurden verworfen und es begann ein Auflehnen gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System. Bei den Vertretern der Epoche des Sturm und Drang handelte es sich vorwiegend um Schriftsteller jüngeren Alters. Die Schriftsteller versuchten in den Gedichten eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die alten Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Einer der wichtigsten Autoren der deutschen Klassik ist Johann Wolfgang von Goethe (* 28. August 1749 in Frankfurt am Main; † 22. März 1832 in Weimar). Seine Italienreise im Jahr 1786 wird als Beginn der Weimarer Klassik angesehen. Johann Wolfgang von Goethe prägte die Klassik ganz wesentlich. Sein Todesjahr (1832) ist gleichzeitig das Ende dieser Epoche. Das Zentrum der Literatur der Weimarer Klassik lag in Weimar. Häufig wird die Epoche auch nur als Klassik bezeichnet. Die Klassik orientiert sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. Sie strebt nach Harmonie ganz im Gegensatz zur Epoche der Aufklärung und des Sturm und Drangs. In der Klassik wird eine sehr einheitliche, geordnete Sprache verwendet. Kurze, allgemeingültige Aussagen (Sentenzen) sind häufig in Werken der Klassik zu finden. Da man die Menschen früher mit der Kunst und somit auch mit der Literatur erziehen wollte, legte man großen Wert auf formale Ordnung und Stabilität. Metrische Ausnahmen befinden sich oftmals an Stellen, die hervorgehoben werden sollen. Die Hauptvertreter der Weimarer Klassik sind Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Goethe und Schiller.

Das vorliegende Gedicht umfasst 124 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Der Dichter Friedrich Schiller ist auch der Autor für Gedichte wie „An den Frühling“, „An die Gesetzgeber“ und „An die Parzen“. Zum Autor des Gedichtes „Das Mädchen aus der Fremde“ haben wir auf abi-pur.de weitere 220 Gedichte veröffentlicht.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Das Video mit dem Titel „Friedrich Schiller Das Mädchen aus der Fremde“ wurde auf YouTube veröffentlicht. Unter Umständen sind 2 Klicks auf den Play-Button erforderlich um das Video zu starten.

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Friedrich Schiller

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Friedrich Schiller und seinem Gedicht „Das Mädchen aus der Fremde“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Friedrich Schiller (Infos zum Autor)

Zum Autor Friedrich Schiller sind auf abi-pur.de 220 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.