Baurenständchen von Friedrich Schiller

Mensch! Ich bitte guk heraus!
Kleken nicht zwo Stunden,
Steh ich so vor deinem Haus,
Stehe mit den Hunden.
S’regnet was vom Himmel mag,
S’g’wittert wie zum jüngsten Tag
Pudelnaß die Hosen!
Platschnaß Rok und Mantel ey!
Rok und Mantel nagelneu,
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Alles dieser Loosen.
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Draussen, draussen Sauß und Brauß!
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Mensch! ich bitte guk heraus.
 
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Ey zum Henker guk heraus!
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Löscht mir die Laterne –
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Weit am Himmel Nacht und Grauß!
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Weder Mond noch Sterne.
 
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Stoß ich schier an Stein und Stok,
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Reisse Wams und Ueberrok,
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Ach daß Gott erbarme!
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Heken, Stauden rings umher,
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Gräben, Hügel kreuz und queer,
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Breche Bein und Arme.
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Draussen, draussen Nacht und Grauß!
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Ey zum Henker guk heraus!
 
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Ey zum Teufel! guk heraus!
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Höre mein Gesuche!
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Beten, Singen geht mir aus,
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Willst du, daß ich fluche?
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Muß ich doch ein Hans Dampf seyn,
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Frör ich nicht zu Stein und Bein
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Wenn ich länger bliebe?
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Liebe das verdank ich dir,
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Winterbeulen machst du mir,
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Du vertrakte Liebe!
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Draussen, draussen Kalt und Grauß!
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Ey zum Teufel guk heraus.
 
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Donner alle! Was ist das,
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Das vom Fenster regnet,
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Garstge Hexe, kothignaß,
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Hast mich eingeseegnet.
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Regen, Hunger, Frost und Wind
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Leid ich für das Teufelskind,
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Werde noch gehudelt!
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Wetter auch! Ich pake mich!
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Böser Dämon tummle dich,
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Habe satt gedudelt!
47 
Draussen, draussen Sauß und Brauß!
48 
Fahre wol – Ich geh nach Haus.
 
49 
W. D.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27 KB)

Details zum Gedicht „Baurenständchen“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
49
Anzahl Wörter
225
Entstehungsjahr
1782
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Baurenständchen“ ist von dem deutschen Dichter Friedrich Schiller, der von 1759 bis 1805 lebte. Demnach stammt das Gedicht aus der Epoche der Weimarer Klassik, die von 1786 bis 1832 andauerte.

Bei dem ersten Eindruck des Gedichtes fällt auf, dass es in einem volksnahen und umgangssprachlichem Ton verfasst ist, was zu Schillers Lyrik ungewöhnlich ist. Oftmals liegt Schillers Schwerpunkt auf komplexer Diktion und aufwendiger Metrik.

In dem Gedicht geht es um eine Person, das lyrische Ich, die verzweifelt an die Tür eines Hauses klopft und um Einlass bittet. Trotz schlechtem Wetter und eher ungemütlichen Bedingungen bleibt es beharrlich, wird aber ignoriert. Am Ende des Gedichtes scheint es seine Vergeblichkeit zu erkennen und gibt auf.

Das lyrische Ich versucht, die Aufmerksamkeit des Bewohners des Hauses zu erregen, wird aber wiederholt ignoriert. Man könnte interpretieren, dass es eine unrequitierte Liebe beklagt und sich durch die Zurückweisung sowohl körperlich als auch emotional gequält fühlt.

Das Gedicht ist in einer umgangssprachlichen und volksnahen Sprache geschrieben, was auf eine Absicht des Autors hindeuten könnte, eine breitere Leserschaft zu erreichen oder einen bestimmten Ton zu erzeugen. Die Struktur des Gedichtes ist in Strophen und Verse unterteilt. Es existiert kein festes Reimschema, jedoch ist ein assonanter Reim zu erkennen. Dies unterstützt den Eindruck eines volkstümlichen Liedes.

Die Form des Gedichts, die auf den ersten Blick unregelmäßig erscheint, folgt dennoch einem Muster. Jede Strophe endet mit einer Aufforderung an die Person im Haus, hervor zu schauen, und weist eine wachsende Frustration und Verzweiflung auf.

Trotz der scheinbaren Einfachheit des Gedichts können wir eine tiefe Bedeutung und emotionale Tiefe erkennen, die durch die verzweifelten Bitten und die nachdrückliche Sprache des lyrischen Ichs hervorgerufen wird. Es zeigt die menschliche Sehnsucht, wahrgenommen und anerkannt zu werden, sowie die Verzweiflung, die mit der Ignoranz und Zurückweisung einhergeht.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Baurenständchen“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Friedrich Schiller. 1759 wurde Schiller in Marbach am Neckar, Württemberg geboren. Im Jahr 1782 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Stuttgart. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Schiller ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Die Epoche des Sturm und Drang reicht zeitlich etwa von 1765 bis 1790. Sie ist eine Strömung innerhalb der Aufklärung (1720–1790) und überschneidet sich teilweise mit der Epoche der Empfindsamkeit (1740–1790) und ihren Merkmalen. Häufig wird die Epoche des Sturm und Drang auch als Genieperiode oder Geniezeit bezeichnet. Die Klassik knüpft an die Literaturepoche des Sturm und Drang an. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das literarische und philosophische Denken im deutschen Sprachraum. Der Sturm und Drang „stürmte“ und „drängte“ als Jugend- und Protestbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale. Ein wesentliches Merkmal des Sturm und Drang ist somit ein Auflehnen gegen die Epoche der Aufklärung. Die Vertreter der Epoche des Sturm und Drang waren häufig Autoren im jungen Alter, die sich gegen die vorherrschende Strömung der Aufklärung wandten. In den Dichtungen wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten weiterhin als Inspiration. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Die Weimarer Klassik war beeinflusst worden durch die Französische Revolution mit ihren Forderungen nach Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit. Der Kampf um eine Verfassung, die revolutionäre Diktatur unter Robespierre und der darauffolgende Bonapartismus führten zu den Grundstrukturen des 19. Jahrhundert (Nationalismus, Liberalismus und Imperialismus). Die Weimarer Klassik lässt sich zeitlich mit der Italienreise Goethes im Jahr 1786 und mit dem Tod Goethes 1832 eingrenzen. Sowohl die Bezeichnung Klassik als auch die Bezeichnung Weimarer Klassik sind gebräuchlich. Das literarische Zentrum dieser Epoche lag in Weimar. Die Vertreter der Klassik wollten die antiken Stoffe aufleben lassen. Mit der antiken Kunst beschäftigte sich Goethe während seiner Italienreise. Die Antike gilt nun als Ideal, um Harmonie und Vollkommenheit erreichen zu können. Charakteristisch ist ein hohes Sprachniveau und eine reglementierte Sprache. Diese reglementierte Sprache verdeutlicht im Vergleich zum natürlichen Sprachideal der Literaturepoche des Sturm und Drang mit all seinen Derbheiten den Ausgleich zwischen Vernunft und Gefühl. Die Vertreter der Epoche haben in der Weimarer Klassik auf Gestaltungs- und Stilmittel aus der Antike zurückgegriffen. Schiller, Goethe, Herder und Wieland können als die Hauptvertreter der Klassik genannt werden. Aber nur Schiller und Goethe motivierten und inspirierten einander durch eine enge Zusammenarbeit und wechselseitige Kritik.

Das vorliegende Gedicht umfasst 225 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 49 Versen. Friedrich Schiller ist auch der Autor für Gedichte wie „An den Frühling“, „An die Gesetzgeber“ und „An die Parzen“. Zum Autor des Gedichtes „Baurenständchen“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 220 Gedichte vor.

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