Der Baum von Georg Heym
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Sonne hat ihm gesotten, |
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Wind hat ihn dürr gemacht, |
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Kein Baum wollte ihn haben, |
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Überall fiel er ab. |
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Nur eine Eberesche |
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Mit roten Beeren bespickt |
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Wie mit feurigen Zungen, |
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Hat ihm Obdach gegeben. |
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Und da hing er mit Schweben, |
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Seine Füße lagen im Gras. |
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Die Abendsonne fuhr blutig |
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Durch die Rippen ihm naß, |
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Schlug die Ölwälder alle |
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Über der Landschaft herauf, |
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Gott in dem weißen Kleide |
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Tat in den Wolken sich auf. |
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In den blumigen Gründen |
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Ringelte Schlangengezücht, |
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In den silbernen Hälsen |
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Zwitscherte dünnes Gerücht. |
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Und sie zitterten alle |
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Über dem Blätterreich, |
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Hörend die Hände des Vaters |
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Im hellen Geäder leicht. |
Details zum Gedicht „Der Baum“
Georg Heym
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101
1887 - 1912
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Der Baum“ wurde von Georg Heym, einem deutschen Schriftsteller des Expressionismus, geschrieben. Heym wurde im Oktober 1887 geboren und starb frühzeitig im Januar 1912. Seine Werke fallen somit hauptsächlich in die Zeit des frühen 20. Jahrhunderts.
Nach einer ersten Lektüre erweckt das Gedicht das Bild eines einzelnen Baumes, der Plagen der Natur ausgesetzt ist und zugleich als Obdach dient. Ein intensives Zusammenspiel zwischen natürlicher Umgebung und metaphysischen Aspekten lässt sich erkennen.
Die ersten beiden Strophen schildern, wie der Baum durch Sonne und Wind „gekocht“ und „ausgetrocknet“ wird und dabei seine Blätter verliert. Niemand bot ihm Schutz, außer einer Eberesche, welche mit ihren roten Beeren als sein Obdach fungiert. Hier kann man interpretieren, das lyrische Ich das Schicksal des Baumes als Metapher für das menschliche Leiden und die rettende Rolle von Mitgefühl und Hilfe anzeigt.
In der dritten Strophe gibt es deutliche christliche Anspielungen. Die rote „Abendsonne fährt blutig durch die Rippen ihm nass“ und das Erscheinen von „Gott in dem weißen Kleide“. Dies kann als Zeichen der Auferstehung und Hoffnung interpretiert werden. Die dramatische Landschaft mit „Ölwäldern“ und Gott, der in den Wolken erscheint, weist auf den expressionistischen Stil Heyms hin.
Die vierte Strophe schildert Schlangen in den blumigen Gründen und ein leises Zwitschern in den „silbernen Hälsen“. Dies suggeriert eine lebendige, wenn auch teils bedrohliche Natur rund um den Baum.
Die abschließenden Verszeilen transportieren jedoch eine friedvolle Stimmung: Alles zittert über dem Blätterreich, wenn die Hände des Vaters („Gott“) sich im hellen Geäder zeigen.
Das Gedicht ist in freien Versen geschrieben, was typisch für das Genre des Expressionismus ist. Die Ausdrucksweise ist bildhaft und mit starken Metaphern und Symbolik durchzogen - von „feurigen Zungen“ bis hin zu „Ölwäldern“. Diese Sprache unterstützt die intensive Wahrnehmung der Welt genauso wie die mystischen und spirituellen Aspekte, die im Gedicht zum Ausdruck kommen.
Insgesamt ist „Der Baum“ ein eindrucksvolles Gedicht, das die typischen Merkmale des expressionistischen Stils in der Dichtkunst aufweist und dabei die komplexen Bezüge zwischen Natur, Mensch und Transzendenz erforscht.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Baum“ des Autors Georg Heym. 1887 wurde Heym in Hirschberg geboren. Im Zeitraum zwischen 1903 und 1912 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Expressionismus zugeordnet werden. Der Schriftsteller Heym ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 101 Worte. Der Dichter Georg Heym ist auch der Autor für Gedichte wie „Der Abend“, „Der Baum“ und „Der Blinde“. Zum Autor des Gedichtes „Der Baum“ haben wir auf abi-pur.de weitere 79 Gedichte veröffentlicht.
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