Die blinden Frauen von Georg Heym
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Die Blinden gehn mit ihren Wärterinnen, |
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Schwarze Kolosse, Moloche aus Ton, |
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Die Sklaven vorwärts ziehn. Und sie beginnen |
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Ein Blindenlied mit lang gezogenem Ton. |
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Sie ziehn wie Chöre auf mit starkem Schritte, |
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Im Eisenhimmel, der sie kalt umspannt. |
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Der Wind türmt auf der großen Schädel Mitte |
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Ihr graues Haar wie einen Aschenbrand. |
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Sie tasten sich an ihrem großen Stabe |
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Die lange Straße auf zu ihrem Kamm. |
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Auf ihrer ungeheuren Stirnen Grabe |
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Brennt eines dunklen Gottes Pentagramm. |
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Der Abend hängt wie eine Feuertonne |
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Am Horizont auf einem Pappelbaum. |
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Der Blinden Arme stechen in die Sonne |
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Wie Kreuze schwarz am frohen Himmelssaum. |
Details zum Gedicht „Die blinden Frauen“
Georg Heym
4
16
100
1887 - 1912
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Die blinden Frauen“ stammt aus der Feder von Georg Heym, einem deutschen Schriftsteller und Lyriker, der im Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert, genauer gesagt von 1887 bis 1912, lebte. Sein Werk ist dem Expressionismus zuzuordnen.
Beim ersten Lesen des Gedichts entstehen Bilder von einer Gruppe blinder Frauen, die von ihren Begleitpersonen auf dem Weg durch eine karge und kühle Landschaft begleitet werden. Es schwingt eine gewisse Schwermut und Melancholie in den Versen mit, vermittelt durch Begriffe wie „Schwarze Kolosse“, „Blindenlied“, „Eisenhimmel“ und „Aschenbrand“.
Das lyrische Ich schildert im weiteren Verlauf, wie die blinden Frauen mit ihren Stöcken die Straße entlangtasten, was einen Eindruck von deren Willensstärke und Entschlossenheit vermittelt. Die Beschreibung ihrer Stirn als „ungeheures Grab“ und des brennenden Pentagramms einer dunklen Gottheit verleiht der Szene jedoch ein düsteres und etwas beunruhigendes Ambiente.
Im letzten Abschnitt wird das Eindringen der Blindenarme in die Sonne als Bild für das unbezwingbare Verlangen nach Licht und Wärme beschrieben, was gleichzeitig eine Qualität der Entschlossenheit und des Widerstands der Frauen hervorhebt.
In formalistischer Hinsicht setzt sich das Gedicht aus vier Strophen zusammen, die jeweils vier Verse aufweisen, dies ist die klassische Form des Quartetts. Die Sprache ist metaphorisch und bildhaft, sämtliche Aspekte der Landschaft werden anthropomorphisiert und teils mythologisch demonstriert. Die Atmosphäre ist dabei düster und beklemmend, das Hauptthema ist Unbekümmertheit und unbeirrbarer Willen der Frauen, ihren Weg trotz der Blindheit fortzusetzen. Die Bilder, die dieses Gedicht heraufbeschwört, sind eindrucksvoll und regen zum genauen Nachdenken und Interpretieren an.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Die blinden Frauen“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Georg Heym. Der Autor Georg Heym wurde 1887 in Hirschberg geboren. Zwischen den Jahren 1903 und 1912 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Expressionismus zuordnen. Bei Heym handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 100 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere Werke des Dichters Georg Heym sind „Bist Du nun tot?“, „Columbus“ und „Das Fieberspital“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die blinden Frauen“ weitere 79 Gedichte vor.
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