An Hildegard K von Georg Heym
1 |
Deine Wimpern, die langen, |
2 |
Deiner Augen dunkele Wasser, |
3 |
Laß mich tauchen darein, |
4 |
Laß mich zur Tiefe gehn. |
|
|
5 |
Steigt der Bergmann zum Schacht |
6 |
Und schwankt seine trübe Lampe |
7 |
Über der Erze Tor, |
8 |
Hoch an der Schattenwand, |
|
|
9 |
Sieh, ich steige hinab, |
10 |
In deinem Schoß zu vergessen, |
11 |
Fern, was von oben dröhnt, |
12 |
Helle und Qual und Tag. |
|
|
13 |
An den Feldern verwächst, |
14 |
Wo der Wind steht, trunken vom Korn, |
15 |
Hoher Dorn, hoch und krank |
16 |
Gegen das Himmelsblau. |
|
|
17 |
Gib mir die Hand, |
18 |
Wir wollen einander verwachsen, |
19 |
Einem Wind Beute, |
20 |
Einsamer Vögel Flug, |
|
|
21 |
Hören im Sommer |
22 |
Die Orgel der matten Gewitter, |
23 |
Baden in Herbsteslicht, |
24 |
Am Ufer des blauen Tags. |
|
|
25 |
Manchmal wollen wir stehn |
26 |
Am Rand des dunkelen Brunnens, |
27 |
Tief in die Stille zu sehn, |
28 |
Unsere Liebe zu suchen. |
|
|
29 |
Oder wir treten hinaus |
30 |
Vom Schatten der goldenen Wälder, |
31 |
Groß in ein Abendrot, |
32 |
Das dir berührt sanft die Stirn. |
|
|
33 |
Göttliche Trauer, |
34 |
Schweige der ewigen Liebe. |
35 |
Hebe den Krug herauf, |
36 |
Trinke den Schlaf. |
|
|
37 |
Einmal am Ende zu stehen, |
38 |
Wo Meer in gelblichen Flecken |
39 |
Leise schwimmt schon herein |
40 |
Zu der September Bucht. |
|
|
41 |
Oben zu ruhn |
42 |
Im Hause der durstigen Blumen, |
43 |
Über die Felsen hinab |
44 |
Singt und zittert der Wind. |
|
|
45 |
Doch von der Pappel, |
46 |
Die ragt im Ewigen Blauen, |
47 |
Fällt schon ein braunes Blatt, |
48 |
Ruht auf dem Nacken dir aus. |
Details zum Gedicht „An Hildegard K“
Georg Heym
12
48
209
1887 - 1912
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das vorgelegte Gedicht „An Hildegard K“ wurde von Georg Heym verfasst, der dem Symbolismus und dem Expressionismus zugeordnet wird. Heym lebte von 1887 bis 1912 und damit in einer Zeit großer gesellschaftlicher Veränderungen und kultureller Blüte, der so genannten Belle Époque.
Beim ersten Lesen des Gedichts entsteht ein starker, fast malerischer Eindruck von emotionaler Intensität und lyrischer Bildhaftigkeit. Es zeigt eine tiefe Verbundenheit und Zuneigung zu einer Frau namens Hildegard K. und ist durchdrungen von einer Melancholie und sehnsuchtsvollen Liebe.
Der Inhalt des Gedichts zeigt, dass das lyrische Ich tief in die emotionale Welt von Hildegard K. eintauchen und gemeinsam mit ihr in einer intensiven Liebesbeziehung aufgehen möchte. Es wird eine stetige Abfolge zwischen der Beschreibung der äußeren Welt und der inneren emotionalen Erfahrung dargestellt, wobei die äußere Welt oft als Metapher für die innere emotionale Erfahrung dient. Verschiedene Naturmetaphern verstärken das Gefühl der Distanz und Sehnsucht, und die Tiefe und Dunkelheit von Hildegards Augen symbolisiert die Tiefe und Intensität ihrer Liebe.
In Bezug auf die Form ist das Gedicht in zwölf vierzeilige Strophen gegliedert, wobei jede Strophe eine eigene, vertiefte Beobachtung und Betonung aufweist, obwohl sie alle zur Gesamtthematik der leidenschaftlichen, träumerischen Liebe beitragen. Die Sprache ist reich, komplex und voller Metaphern und bildhafter Ausdrücke, die alle zur Hervorhebung der Sehnsucht, der Leidenschaft und der Intensität der Gefühle, die das lyrische Ich für Hildegard K. empfindet, beitragen.
Kurz gesagt ist „An Hildegard K“ ein kraftvolles und leidenschaftliches Liebesgedicht, das durch die komplexe und ausdrucksstarke Sprache von Georg Heym die Tiefe und Intensität des lyrischen Ichs offenbart. Der Ausdruck des Wunsches, völlig in eine andere Person einzutauchen und mit dieser Person verwachsen zu sein, ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Grundthemen des Expressionismus' und der symbolistischen Dichtung insgesamt.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „An Hildegard K“ des Autors Georg Heym. 1887 wurde Heym in Hirschberg geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1903 bis 1912 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Expressionismus zu. Bei dem Schriftsteller Heym handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 209 Wörter. Es baut sich aus 12 Strophen auf und besteht aus 48 Versen. Die Gedichte „Berlin III“, „Bist Du nun tot?“ und „Columbus“ sind weitere Werke des Autors Georg Heym. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An Hildegard K“ weitere 79 Gedichte vor.
+ Wie analysiere ich ein Gedicht?
Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Georg Heym
Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Georg Heym und seinem Gedicht „An Hildegard K“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.
- Heym, Georg - Der Gott der Stadt (Interpretation)
- Heym, Georg - Georg Heym als Namensgeber für Straßen (Bezug zum Gedicht Der Krieg)
- Heym, Georg - Die Stadt (Gedichtinterpretation)
- Heym, Georg - Der Krieg
- Heym, Georg - Die Menschen stehen vorwärts in den Straßen (Interpretation)
Weitere Gedichte des Autors Georg Heym (Infos zum Autor)
- April
- Berlin I
- Berlin II
- Berlin III
- Bist Du nun tot?
- Columbus
- Das Fieberspital
- Der Abend
- Der Baum
- Der Blinde
Zum Autor Georg Heym sind auf abi-pur.de 79 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt