Pilatus von Georg Heym

Ein Lächeln schiefen Grames, das verschwindet
Hinein in seiner Stirne weißes Tor.
Er sitzt auf seinem Stuhl. Seine Hände erhoben
Brechen den Stab und fallen von oben.
 
Aber wie eine Blume voll grüner Helle
Leuchtet im Dunkel der Höfe der König der Juden.
Und die Stirn, die sie schattig mit Dornen beluden,
Brennt wie ein Stein in fahler Grelle.
 
Und der Gott steigt hinauf, von den Schultern
10 
gehoben
11 
Riesiger Engel, er singet, ein Schwan,
12 
Leicht und klein fährt er auf in der strahlenden Bahn
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Und der Vater, im Glanze, wartet sein droben.
 
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Aber der Richter am blauen Gebirge
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Hänget im riesigen Mantel wie faltige Frucht.
16 
Wild kommt der Abend über die hallenden Öden.
17 
Schweigsame Wasser fallen in grüner Schlucht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Pilatus“

Autor
Georg Heym
Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
17
Anzahl Wörter
119
Entstehungsjahr
1887 - 1912
Epoche
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Pilatus“ wurde von Georg Heym geschrieben, der von 1887 bis 1912 lebte. Damit findet das Gedicht seine zeitliche Einordnung im Expressionismus des 20. Jahrhunderts, einer Epoche, in der die Dichter den Ausdruck des Inneren, die Intensität der Emotionen und die Erfahrung des Individuums oft über objektive Wirklichkeit stellten.

Auf den ersten Blick erscheint das Gedicht düster und nachdenklich, möglicherweise melancholisch. Es gibt einen starken Kontrast zwischen Dunkelheit und Helligkeit, was oft auf ein geistiges oder emotionales Dilemma hinweist.

Das lyrische Ich konzentriert sich auf die Person des Pontius Pilatus, den Römischen Statthalter in Judäa, der Jesus verurteilte, obwohl er selbst glaubte, dass dieser unschuldig war. Das Gedicht thematisiert dadurch Fragen von Schuld, Verantwortung und Ohnmacht. Es folgt diesem tragischen Charakter, während er sich gegen seine mächtigere Umgebung behauptet und dabei seine eigene Hilflosigkeit erkennt.

Das Gedicht ist in einer metaphorischen Sprache geschrieben, die dazu dient, die Erfahrungen des Protagonisten zu intensivieren und den emotionalen Zustand des lyrischen Ichs zu übermitteln. Dabei fällt auf, dass Negative wie „schweigsame Wasser fallen in grüner Schlucht“ oder „Blume voll grüner Helle“ hervorgehoben sind, jedoch immer in Anwesenheit von dunklen Aspekten.

Die Verse sind in Strophen organisiert, in denen Themen wie Schuld, Verurteilung und spirituelle Erhebung entwickelt und ineinander verschränkt werden. Das Gedicht ist in relativ freier Form mit wechselnden Metren gehalten, was die Unsicherheit und die Schwankungen in Pilatus' Gedanken und Gefühlen widerspiegelt.

Insgesamt präsentiert Heym ein eindrucksvolles Bild von Pilatus' tragischem Schicksal, das durch die weitreichenden Entscheidungen, die er treffen musste, versinnbildlicht wird. Dennoch betont das lyrische Ich die Not und die Zweifel, die ihn erfüllen, und schafft damit ein Porträt von großer Menschlichkeit und Emotionalität.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Pilatus“ ist Georg Heym. Der Autor Georg Heym wurde 1887 in Hirschberg geboren. Zwischen den Jahren 1903 und 1912 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Heym handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 17 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 119 Worte. Die Gedichte „April“, „Berlin I“ und „Berlin II“ sind weitere Werke des Autors Georg Heym. Zum Autor des Gedichtes „Pilatus“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 79 Gedichte vor.

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