Maria, wo bist zur Stube gewesen? von Clemens Brentano

Mutter
Maria, wo bist zur Stube gewesen?
Maria, mein einziges Kind!
 
Kind
Ich bin bei meiner Großmutter gewesen.
Ach weh! Frau Mutter, wie weh!
 
Mutter
Was hat sie dir dann zu essen gegeben?
Maria, mein einziges Kind!
 
10 
Kind
11 
Sie hat mir gebackene Fischlein gegeben.
12 
Ach weh! Frau Mutter, wie weh!
 
13 
Mutter
14 
Wo hat sie dir dann das Fischlein gefangen?
15 
Maria, mein einziges Kind!
 
16 
Kind
17 
Sie hat es in ihrem Krautgärtlein gefangen.
18 
Ach weh! Frau Mutter, wie weh!
 
19 
Mutter
20 
Womit hat sie denn das Fischlein gefangen?
21 
Maria, mein einziges Kind!
 
22 
Kind
23 
Sie hat es mit Stecken und Ruten gefangen.
24 
Ach weh! Frau Mutter, wie weh!
 
25 
Mutter
26 
Wo ist denn das Übrige vom Fischlein hinkommen?
27 
Maria, mein einziges Kind!
 
28 
Kind
29 
Sie hat's ihrem schwarzbraunen Hündlein gegeben.
30 
Ach weh! Frau Mutter, wie weh!
31 
Mutter
32 
Wo ist denn das schwarzbraune Hündlein
33 
hinkommen?
34 
Maria, mein einziges Kind!
 
35 
Kind
36 
Es ist in tausend Stücke zersprungen.
37 
Ach weh! Frau Mutter, wie weh!
 
38 
Mutter
39 
Maria, wo soll ich dein Bettlein hinmachen?
40 
Maria, mein einziges Kind!
 
41 
Kind
42 
Du sollst mir's auf den Kirchhof machen.
43 
Ach weh! Frau Mutter, wie weh!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.5 KB)

Details zum Gedicht „Maria, wo bist zur Stube gewesen?“

Anzahl Strophen
13
Anzahl Verse
43
Anzahl Wörter
181
Entstehungsjahr
1778 - 1842
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Maria, wo bist zur Stube gewesen?“ stammt von dem romantischen Dichter Clemens Brentano, der von 1778 bis 1842 lebte.

Dieses Werk hinterlässt beim ersten Eindruck einen merkwürdigen, beinahe unheimlichen Eindruck. Das liegt vor allem daran, dass trotz alltäglicher Gesprächsführung zwischen Mutter und Kind, die Geschichte, die das lyrische Ich – also das Kind – erzählt, zunehmend abwegiger und unheimlicher wird.

Inhaltlich handelt das Gedicht von einem Dialog zwischen Mutter und Tochter, indem sich beide über das Geschehen des Tages austauschen, das von der Beschilderung eines Besuchs bei der Großmutter und eines gebackenen Fischs bis zu dunkleren Bildern mit einem Hündlein, das in tausend Stücke zersprungen ist, führt.

Das lyrische Ich, also das Kind, scheint durch diese Erzählung seine Angst und Unsicherheit gegenüber der Mutter ausdrücken zu wollen. Das Gedicht endet mit der unheimlichen Vorstellung, dass das Bett des Kindes auf dem Kirchhof aufgestellt werden soll.

In Bezug auf die Form ist das Gedicht in dreizehn Strophen unterteilt, die jeweils in einem Dialogverhältnis zwischen Mutter und Kind stehen. Die Art der Frage und Antwort erinnert an ein Kinderspiel, was die düstere Atmosphäre des Gedichts noch verstärkt.

Die Sprache ist schlicht und alltäglich gehalten. Es scheint, als wollte Brentano dadurch die Unheimlichkeit und Bedrohlichkeit der Geschichte des Kindes noch verstärken. Der ständige Wechsel zwischen Frage und Antwort sorgt für eine gewisse Spannung und wird gegen Ende des Gedichtes durch die wiederholten Ausrufe „Ach weh! Frau Mutter, wie weh!“ noch intensiviert.

Zusammenfassend kann das Gedicht „Maria, wo bist zur Stube gewesen?“ als ein erschreckendes und schockierendes Werk gesehen werden, das auf den ersten Blick alltäglich wirkt, aber eine tiefere, vielleicht düstere Symbolik in sich birgt. Es zeigt auf eindrückliche Weise, wie der Dichter Clemens Brentano bedrohliche und unheimliche Elemente in einem Alltagsgespräch zwischen Mutter und Kind verstecken kann.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Maria, wo bist zur Stube gewesen?“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Clemens Brentano. Der Autor Clemens Brentano wurde 1778 in Ehrenbreitstein (Koblenz) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1794 und 1842. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Brentano ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hineinreichte. Insbesondere auf den Gebieten der Literatur, Musik oder der bildenden Kunst hatte diese Epoche umfangreiche Auswirkungen. Die Literaturepoche der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Zu großen gesellschaftlichen Umbrüchen führte die Industrialisierung. Die neue Maschinenwelt förderte Verstädterung und Landflucht. Die zuvor empfundene Geborgenheit war für die Lyriker der Romantik in Auflösung begriffen. In der Romantik gilt das Mittelalter als das Ideal und wird verherrlicht. Die Kunst und Architektur der Zeit des Mittelalters werden geschätzt, gepflegt und gesammelt. Missstände dieser Zeit bleiben außen vor und scheinen bei den Schriftstellern in Vergessenheit geraten zu sein. So ist die Verklärung des Mittelalters ein zentrales Merkmal der Romantik. Des Weiteren sind die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur und die romantische Ironie weitere zentrale Merkmale dieser Epoche. Die Grundthemen waren Seele, Gefühle, Individualität und Leidenschaft. In der Literatur wurden diese Themen unter anderem durch Motive der Sehnsucht, Todessehnsucht, Fernweh oder Einsamkeit in der Fremde manifestiert. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über die Form als auch über den Inhalt des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die festen Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken fällt auf.

Das Gedicht besteht aus 43 Versen mit insgesamt 13 Strophen und umfasst dabei 181 Worte. Der Dichter Clemens Brentano ist auch der Autor für Gedichte wie „O Traum der Wüste, Liebe, endlos Sehnen“, „Was reif in diesen Zeilen steht“ und „Wenn der lahme Weber träumt, er webe“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Maria, wo bist zur Stube gewesen?“ weitere 298 Gedichte vor.

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