Als Herr Künzel neulich bat von Clemens Brentano

Als Herr Künzel neulich bat,
Schuldig ihm kein Blatt zu bleiben,
O da fand ich freilich Rat,
Braucht’ mir nicht die Stirn zu reiben:
Für ein Blatt von Freiligrath
Konnt’ ich ihm gleich sechse schreiben;
Gern um einen Pfeil ich bat
Nach so reiner Sonnenscheiben;
Tanzt’ auch auf dem Seil ich grad,
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Wollt’ ich balancierend bleiben,
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Schrieb auch keine Zeil’ ich grad,
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Ließ doch meinen Kiel ich treiben,
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Kläng’ es auch langweilig fad,
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Wollt’ ich doch sechs Blätter schreiben,
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Für ein Blatt von Freiligrath.
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Aber dabei soll’s auch bleiben,
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Denn, weil ich zu eilig tat,
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Mich sechsfach einzuverleiben,
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Sah ich, daß Herr Freiligrath
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Sein Gedrucktes ab kann schreiben;
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Ein gedrucktes Blatt ist seines,
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Dies von meinen Sechsen eines,
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Weiter kriegt Herr Künzel keines.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Als Herr Künzel neulich bat“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
23
Anzahl Wörter
124
Entstehungsjahr
nach 1794
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Als Herr Künzel neulich bat“ stammt von Clemens Brentano, ein namhafter Vertreter der deutschen Romantik, der von 1778 bis 1842 lebte.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht humorvoll und spielerisch, wobei eine Konversation zwischen dem lyrischen Ich und einer Figur namens Herr Künzel dargestellt wird. Die breitere Thematik scheint sich auf literarische Kritik und Autorenschaft zu konzentrieren.

In einfachen Worten geht es im Gedicht darum, dass Herr Künzel das lyrische Ich bittet, ihm kein „Blatt schuldig zu bleiben“. Dies wird häufig als Anforderung interpretiert, mehr zu schreiben oder Werke zu teilen. Das lyrische Ich stimmt zu und behauptet, dass es für jedes Blatt von einem anderen Autor, Freiligrath, sechs Blätter schreiben könne. Dieser Vergleich scheint eine Kritik an der Qualität der Werke von Freiligrath zu sein. Schließlich beschließt das lyrische Ich jedoch, seine Schreibbemühungen einzustellen nachdem es feststellt, dass Freiligrath seine Werke von Hand schreibt.

In Bezug auf Form und Sprache besteht das Gedicht aus 23 Versen, verteilt auf eine einzige Strophe. Es enthält viel Wortspiel und Reime, was zur humorvollen Stimmung beiträgt und den Leser zieht. Des Weiteren wird Alliteration oder Anfangsreim verwendet („Freiligrath“, „fand“, „freilich“; „bat“, „Blatt“; „schreiben“, „Sechsen“), was zur Melodiösität, und zum Rhythmus des Gedichts beiträgt.

Clemens Brentano benutzt ein einfaches, informelles Vokabular im Konversationsstil was vermutlich eine Kritik an der Prätention bestimmter Literatur und ein Aufruf zu mehr Authentizität darstellt. Namen wie Künzel und Freiligrath könnten auf reale Autoren anspielen, was darauf hinweist, dass Brentano möglicherweise die literarische Gemeinschaft und speziell seine Zeitgenossen kritisiert.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Als Herr Künzel neulich bat“ ist Clemens Brentano. Im Jahr 1778 wurde Brentano in Ehrenbreitstein (Koblenz) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1794 und 1842. Erschienen ist der Text in München. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Der Schriftsteller Brentano ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine Epoche der Kunstgeschichte, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert hinein die Literatur, Musik, Kunst und Philosophie prägte. Auf die Literatur beschränkt betrachtet reichen die Auswirkungen der Romantik lediglich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hinein. Die Literaturepoche wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die damalige Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Romantikern zuwider. Sie stellten sich in ihren Werken gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. Die zentralen Motive der Literatur der Romantik sind das Schaurige, Unterbewusste, Fantastische, Leidenschaftliche, Individuelle, Gefühlvolle und Abenteuerliche, welche die Grenzen des Verstandes sprengen und erweitern sollen und sich gegen das bloße Nützlichkeitsdenken sowie die Industrialisierung richten. Die Romantiker sehnen sich nach der Einheit von Geist und Natur. Ein Hinwenden zum Mittelalter ist erkennbar. So werden Kunst und Architektur dieser vergangenen Zeit geschätzt. Die Missstände dieser Zeit bleiben jedoch unerwähnt. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über den Inhalt als auch über die Form des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die festen Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken ist zu beobachten.

Das vorliegende Gedicht umfasst 124 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 23 Versen. Die Gedichte „Kennt ihr das Fräulein Dienchen nicht ...“, „Zu Koblenz auf der Brücken“ und „Ihr himmlischen Fernen“ sind weitere Werke des Autors Clemens Brentano. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Als Herr Künzel neulich bat“ weitere 298 Gedichte vor.

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