10. Jänner 1834 von Clemens Brentano

Wo schlägt ein Herz das bleibend fühlt?
Wo Ruht ein Grund nicht stäts durchwühlt,
Wo strahlt ein See nicht stäts durchspült,
Ein Mutterschoß, der nie erkühlt,
Ein Spiegel nicht für jedes Bild
Wo ist ein Grund, ein Dach, ein Schild,
Ein Himmel, der kein Wolkenflug
Ein Frühling, der kein Vögelzug,
Wo eine Spur, die ewig treu
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Ein Gleis, das nicht stäts neu und neu,
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Ach wo ist Bleibens auf der Welt,
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Ein redlich ein gefriedet Feld,
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Ein Blick der hin und her nicht schweift,
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Und dies und das und nichts ergreift,
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Ein Geist, der sammelt und erbaut,
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Ach wo ist meiner Sehnsucht Braut;
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Ich trage einen treuen Stern
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Und pflanzt' ihn in den Himmel gern
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Und find' kein Plätzchen tief und klar,
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Und keinen Felsgrund zum Altar,
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Hilf suchen, Süße, halt o halt!
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Ein jeder Himmel leid't Gewalt.
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Amen!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „10. Jänner 1834“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
23
Anzahl Wörter
139
Entstehungsjahr
1778 - 1842
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „10. Jänner 1834“ wurde von Clemens Brentano verfasst, einem bedeutenden Vertreter der Heidelberger Romantik. Brentano lebte von 1778 bis 1842, somit ist das Gedicht zeitlich in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts einzuordnen, genauer gesagt in das Jahr 1834.

Auf Basis des ersten Eindrucks lässt sich feststellen, dass das Gedicht von Sehnsucht und Hoffnung geprägt ist und es sich um die Suche nach Beständigkeit und Geborgenheit dreht. Angesprochen werden Emotionen und Zustände, die jedem Menschen bekannt sind, der Geschrieben ist es in intensiver, aber einfacher und zugänglicher Sprache.

Im Inhalt des Gedichts durchlebt das lyrische Ich eine Reihe von Fragen und Unsicherheiten: Wo findet man beständige Gefühle, ungestörten Frieden, unveränderliche Spuren und einen Ort des Verweilens in einer sich ständig verändernden Welt? Diese Fragen scheinen das zentrale Anliegen des lyrischen Ichs zu sein, das nach Stabilität und Treue in einer Welt voller Veränderungen und Unbeständigkeit sucht. Besonders die Verse 16 und 17 weisen darauf hin, dass das lyrische Ich sich nach einer treuen Gefährtin, einer „Sehnsuchtsbraut“, und einem Ort im Himmel für seinen „treuen Stern“ sehnt.

In Bezug auf die Form und Sprache fällt auf, das Gedicht besteht aus einer einzigen langlaufenden Strophe mit 23 Versen. Alle Verse sind in einem einfachen Reimschema angelegt, das Gedicht verzichtet auf komplexe Metaphern und setzt stattdessen auf einfache, klare Bilder und direkte Fragen, die in ihrer Wiederholung ein Gefühl der Dringlichkeit und Verzweiflung erzeugen. Der Gebrauch der Sprache ist dabei insgesamt eher zurückhaltend und bildhaft, doch durchdrungen von tiefen Emotionen des lyrischen Ichs. Der stete Gebrauch der Frageform betont dabei die Unsicherheit und Suche des lyrischen Ichs. Es endet mit „Amen“, was als Ausdruck von Hoffnung, Ergebung und Akzeptanz der Zustände interpretiert werden kann, zugleich unterstreicht es die spirituelle Dimension des Gedichts.

Insgesamt handelt es sich um ein bewegendes, reflektierendes Gedicht, das den fragenden Zustand des lyrischen Ichs in einer sich ständig verändernden Welt verdeutlicht. Es ermutigt die Leser*innen, sich ähnlichen Fragen der Beständigkeit und Veränderung im eigenen Leben zu stellen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „10. Jänner 1834“ des Autors Clemens Brentano. Der Autor Clemens Brentano wurde 1778 in Ehrenbreitstein (Koblenz) geboren. Im Zeitraum zwischen 1794 und 1842 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Brentano ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Der Romantik vorausgegangen waren die Epochen der Weimarer Klassik und der Aufklärung. Die Literaturepoche der Romantik ist zeitlich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein einzuordnen. Insbesondere auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Musik und der Literatur hatte diese Epoche Auswirkungen. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Epoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. Im gesamten Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichermaßen bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Technologischer Fortschritt und Industrialisierung sind prägend für diese Zeit. In der Romantik finden sich unterschiedliche charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind bedeutende Motive. Auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben unbeachtet. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und Klarheit der Gedanken, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unbegrenzt. Dabei baut sie zwar auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das Gedicht besteht aus 23 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 139 Worte. Weitere Werke des Dichters Clemens Brentano sind „Ihr himmlischen Fernen“, „Brautgesang“ und „Abschied vom Rhein“. Zum Autor des Gedichtes „10. Jänner 1834“ haben wir auf abi-pur.de weitere 298 Gedichte veröffentlicht.

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