An die Weltverbesserer von Annette von Droste-Hülshoff
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Pochest du an - poch nicht zu laut, |
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Eh du geprüft des Nachhalls Dauer. |
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Drückst du die Hand - drück nicht zu traut, |
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Eh du gefragt des Herzens Schauer. |
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Wirfst du den Stein - bedenke wohl, |
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Wie weit ihn deine Hand wird treiben. |
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Oft schreckt ein Echo, dumpf und hohl, |
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Reicht goldne Hand dir den Obol, |
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Oft trifft ein Wurf des Nachbars Scheiben. |
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Höhlen gibt es am Meeresstrand, |
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Gewalt'ge Stalaktitendome, |
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Wo bläulich zuckt der Fackeln Brand, |
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Und Kähne gleiten wie Phantome. |
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Das Ruder schläft, der Schiffer legt |
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Die Hand dir angstvoll auf die Lippe, |
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Ein Räuspern nur, ein Fuß geregt, |
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Und donnernd überm Haupte schlagt |
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Zusammen dir die Riesenklippe. |
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Und Hände gibts im Orient, |
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Wie Schwäne weiß, mit blauen Malen, |
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In denen zwiefach Feuer brennt, |
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Als gelt' es Liebesglut zu zahlen; |
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Ein leichter Tau hat sie genäßt, |
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Ein leises Zittern sie umflogen, |
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Sie fassen krampfhaft, drücken fest |
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Hinweg, hinweg! du hast die Pest |
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In deine Poren eingesogen! |
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Auch hat ein Dämon einst gesandt |
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Den gift'gen Pfeil zum Himmelsbogen; |
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Dort rührt' ihn eines Gottes Hand, |
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Nun starrt er in den Ätherwogen. |
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Und läßt der Zauber nach, dann wird |
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Er niederprallen mit Geschmetter, |
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Daß das Gebirg' in Scherben klirrt, |
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Und durch der Erde Adern irrt |
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Fortan das Gift der Höllengötter. |
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Drum poche sacht, du weißt es nicht |
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Was dir mag überm Haupte schwanken; |
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Drum drücke sacht, der Augen Licht |
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Wohl siehst du, doch nicht der Gedanken. |
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Wirf nicht den Stein zu jener Höh' |
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Wo dir gestaltlos Form und Wege, |
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Und schnelltest du ihn einmal je, |
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So fall auf deine Knie und fleh, |
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Daß ihn ein Gott berühren möge. |
Details zum Gedicht „An die Weltverbesserer“
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1797 - 1848
Biedermeier
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „An die Weltverbesserer“ stammt von Annette von Droste-Hülshoff, einer Dichterin der deutschen Romantik, die von 1797 bis 1848 gelebt hat. Das Werk ist also in das 19. Jahrhundert einzuordnen. Beim ersten Lesen fällt die ernste und mahnende Tonalität auf, die sich durch das gesamte Gedicht zieht.
Zusammengefasst handelt das Gedicht davon, dass Taten Konsequenzen haben und man sich dieses Umstandes stets bewusst sein sollte. Es ruft dazu auf, Aktionen gut zu überdenken, bevor man sie ausführt, und Vorsicht walten zu lassen. Es warnt davor, dass gut gemeinte Handlungen zur Verbesserung der Welt auch unerwünschte Nebenwirkungen haben können.
Formal besteht das Gedicht aus fünf gleich langen Neun-Zeilen-Strophen. Sie folgen keinem durchgängigen Reimschema, es gibt jedoch teilweise Paar- und Kreuzreime. Im sprachlichen Bereich fällt auf, dass Durchlaufen die Strophen jeweils durch einen Wechsel zwischen Beschreibung und direkter Ansprache an das lyrische Ich charakterisiert sind. Diese Ansprachen sind oftmals mit einer Mahnung oder Warnung verbunden. Jede Strophe enthält bildreiche Metaphern und Vergleiche, die die Botschaft des Gedichts unterstreichen. Diese Bildsprache ist ein typisches Merkmal der Romantik und zeigt sich auch hier, etwa in den bildlichen Beschreibungen der Hände im Orient oder des giftigen Pfeils im Himmelsbogen.
Insgesamt lässt sich sagen, dass das Gedicht „An die Weltverbesserer“ ein lebendiges und detailreiches Werk ist, das nicht nur die faszinierende Landschaft der Romantik zeigt, sondern auch eine tiefgehende Botschaft über die Verantwortung und Vorsicht bei Handlungen mit sich bringt. Die liebevoll ausgearbeiteten Metaphern und mahnenden Worte des lyrischen Ichs machen es nicht nur zu einem hochqualitativen literarischen Werk, sondern auch zu einem zeitlosen Appell an das menschliche Gewissen.
Weitere Informationen
Annette von Droste-Hülshoff ist die Autorin des Gedichtes „An die Weltverbesserer“. Im Jahr 1797 wurde Droste-Hülshoff geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1813 und 1848. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her lässt sich das Gedicht der Epoche Biedermeier zuordnen. Droste-Hülshoff ist eine typische Vertreterin der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 266 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 45 Versen. Die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff ist auch die Autorin für Gedichte wie „Locke und Lied“, „An einen Freund“ und „Letzte Worte“. Zur Autorin des Gedichtes „An die Weltverbesserer“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 123 Gedichte vor.
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Zum Autor Annette von Droste-Hülshoff sind auf abi-pur.de 123 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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