Am Letzten Tag des Jahres - Silvester von Annette von Droste-Hülshoff
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Das Jahr geht um, |
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der Faden rollt sich sausend ab. |
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Ein Stündchen noch, |
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das letzte heut, |
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Und stäubend rieselt |
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in sein Grab, |
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was einstens war |
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lebendge Zeit. |
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Ich harre stumm. |
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's ist tiefe Nacht ! |
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Ob wohl ein Auge |
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offen noch? |
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In diesen Mauern |
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rüttelt dein |
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Verrinnen, Zeit ! |
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Mir schaudert, doch |
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Es will die letzte |
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Stunde sein |
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Einsam durchwacht, |
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Gesehen all, |
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Was ich begangen und gedacht. |
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Was mir aus Haupt und Herzen stieg, |
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Das steht nun eine |
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ernste Wacht |
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Am Himmelstor, |
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O halber Sieg ! |
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O schwerer Fall! |
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Wie reißt der Wind |
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Am Fensterkreuze ! |
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Ja, es will |
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Auf Sturmesfittichen das Jahr |
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Zerstäuben, nicht ein Schatten still |
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Verhauchen unterm |
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Sternenklar. |
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Du Sündenkind, |
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War nicht ein hohl |
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Und heimlich Sausen |
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jeder Tag |
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In deiner wüsten Brust Verlies, |
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Wo langsam Stein an Stein zerbrach, |
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wenn es den kalten Odem stieß |
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Vom starren Pol? |
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Mein Lämpchen will |
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Verlöschen, |
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und begierig saugt |
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Der Docht den letzten Tropfen Öl. |
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Ist so mein Leben auch verraucht? |
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Eröffnet |
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sich des Grabes Höhl |
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Mir schwarz und still? |
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Wohl in dem Kreis, |
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Den dieses Jahres Lauf umzieht, |
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Mein Leben bricht. |
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Ich wußt es lang ! |
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Und dennoch hat |
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dies Herz geglüht In eitler |
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Leidenschaften Drang ! |
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Mir brüht der Schweiß |
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Der tiefsten Angst |
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auf Stirn und Hand. |
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Wie? dämmert feucht |
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Ein Stern dort durch die Wolken |
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nicht? Wär es der Liebe Stern |
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vielleicht, Dir zürnend mit dem |
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trüben Licht, Daß du so bangst? |
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Horch, |
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welch Gesumm ? |
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Und wieder? Sterbemelodie! |
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Die Glocke regt |
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den ehrnen Mund. |
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O Herr, ich falle auf das Knie : |
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Sei gnädig meiner |
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letzten Stund ! |
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Das Jahr ist um ! |
Details zum Gedicht „Am Letzten Tag des Jahres - Silvester“
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1797 - 1848
Biedermeier
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Am Letzten Tag des Jahres“ wurde von Annette von Droste-Hülshoff verfasst, einer bedeutenden deutschen Schriftstellerin des 19. Jahrhunderts. Es lässt sich zeitlich in die Epoche des Biedermeier und der Romantik einordnen. Diese fokussierten sich oft auf persönliche Empfindungen, spirituelle und existenzielle Fragen sowie auf die Beziehung des Menschen zur Natur.
Beim ersten Eindruck kann das Gedicht unwahrscheinlich und melancholisch wirken. Das lyrische Ich reflektiert über die Vergänglichkeit der Zeit, symbolisiert durch das Ende des Jahres, und über die eigene Sterblichkeit, die mit der verstrichenen Zeit assoziiert wird.
Inhaltlich leitet das lyrische Ich durch seine Wahrnehmungen das Jahr und die Zeit. Diese wird fast fühlbar, indem es sie mit verschiedenen bildhaften Beschreibungen versehen wird, z.B. der Faden, der sich abrollt, oder der Wind, der an den Fensterkreuzen reißt. Oft ist die Atmosphäre düster und einsam, begleitet von der Angst vor dem Unbekannten und dem Tod. Das lyrische Ich stellt Fragen und äußert Unsicherheiten über sein eigenes Sterben und reflektiert über seine vergangene Sünden und Taten. Es wird ein tiefes Bewusstsein der Vergänglichkeit und der Eitelkeit des Lebens deutlich.
Formal besteht das Gedicht aus neun Strophen unterschiedlicher Länge, die sich von sieben bis zehn Versen strecken. Die Sprache ist charakteristisch für die Dichtung der Romantik reich an Metaphern und Symbolen. Der Ausdruck ist oft bildhaft und sehr emotional.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gedicht eine nachdenkliche und melancholische Sicht auf das Leben und die Zeit wirft. Es geht um die Vergänglichkeit von allem, den Umgang mit der eigenen Sterblichkeit und die Reflektion über die vergangene Zeit. Es ist ein tiefgründiges Gedicht, das zum Nachdenken anregt und die emotionalen Aspekte des Lebens und des Alterns betont.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Am Letzten Tag des Jahres - Silvester“ der Autorin Annette von Droste-Hülshoff. Geboren wurde Droste-Hülshoff im Jahr 1797 . Zwischen den Jahren 1813 und 1848 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her lässt sich das Gedicht der Epoche Biedermeier zuordnen. Bei der Schriftstellerin Droste-Hülshoff handelt es sich um eine typische Vertreterin der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 74 Versen mit insgesamt 9 Strophen und umfasst dabei 257 Worte. Annette von Droste-Hülshoff ist auch die Autorin für das Gedicht „Letzte Worte“, „Im Grase“ und „An meine Mutter“. Zur Autorin des Gedichtes „Am Letzten Tag des Jahres - Silvester“ haben wir auf abi-pur.de weitere 123 Gedichte veröffentlicht.
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Zum Autor Annette von Droste-Hülshoff sind auf abi-pur.de 123 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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